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Invasive Arten

Feuerfische sind zwar giftig, aber trotzdem unglaublich köstlich

Wenn du mal in der Karibik schnorcheln warst, bist du vielleicht schon einem Feuerfisch begegnet. Der sieht nicht nur ein bisschen aus wie ein Löwe, sondern ist mindestens genauso gefährlich. Denn Feuerfische erobern unsere Ozeane und bedrohen viele...
Photo by Jayhem via Flickr

Liebe Hochzeitsreisende auf den Bahamas,

bei eurem nächsten Schnorchelausflug solltet ihr lieber vorsichtig sein. Falls ihr ein Exemplar der wunderschönen Feuerfische (Pterois) erblickt, dann lasst eure Unterwasserkamera lieber stecken.

Ja, sie sehen vielleicht toll aus, fast so wie die Wasserausgabe der haarigen Biester, die wir noch aus Siegfried-und-Roy-Shows kennen, aber diese Fische sind dank eines giftigen Stachels in der Lage, für eine sehr schmerzhafte Erfahrung zu sorgen. Denn nur ein Stich kann ausreichen, dass ihr euch tagelang mit einer Schwellung rumplagen müsst. Auch Lähmungserscheinungen sind möglich. Also genau das, wovon ihr auf eurer Hochzeitsreise träumt, oder? Der Feuerfisch ist im Südpazifik und dem Indischen Ozean beheimatet, aber auch im Atlantik ist er zu einem großen Problem geworden, in den er 1985 erstmals eingedrungen ist und seitdem das gesamte Ökosystem gefährdet. Nun aber hat der Fisch, der eigentlich keine natürlichen Feinde hat, vielleicht doch einen gefunden: die Speisekarte. Immer häufiger wird Feuerfisch in Restaurantküchen in den USA und in der Karibik verwendet. Aber die Idee, einen giftigen Fisch zu essen, erscheint auf den ersten Blick fast so einladend, wie sich eine hochgiftige Schlange ins Bett zu holen.

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„Was wir 2004 in den Korallenriffen vor den Bahamas gesichtet haben, hat uns verstehen lassen, dass sich dieses Problem nicht nur auf ein paar vereinzelte Standorte beschränkt", so Lad Akins von der Reef Environmental Education Foundation (REEF). Die Situation hat sich dramatisch zugespitzt, es wird immer schlimmer und noch ist kein Ende in Sicht."

Ja, zugegebenermaßen sehen diese Fische ein bisschen komisch aus und vielleicht haben sie auch nichts im Atlantik zu suchen, aber trotzdem hatte ich noch nicht wirklich verstanden, was sie so schlimmes angerichtet haben sollen. Darum habe ich mich auf die Suche nach Antworten gemacht.

Feuerfische sind aufgrund ihres unbändigen Appetits die Radaubrüder des Meeresgrundes. Sie werden bis zu 30cm groß und auf ihrem Speiseplan stehen über 70 verschiedene Fischarten sowie wirbellose Tiere. Sie jagen Beute, die fast halb so groß wie sie selber sein kann. Da sie echte Vielfraße sind, ist die Fischpopulation in Gegenden, in denen sie schon ihr Unwesen getrieben haben, um mehr als 90 Prozent zurückgegangen.

„Sie fressen eine Vielzahl an Fischen", meint Atkins. „So ziemlich alles, was sich bewegt und in ihr Maul passt."

Feuerfische können mehrere Jahrzehnte alt werden. Kein Wunder, denn kein anderes Tier frisst sie. Und ein einziges Weibchen kann mehr als zwei Millionen Eier pro Jahr produzieren. Gütiger Gott. Das sind ziemlich viele Killerfische auf einmal, auf die sich unsere Riffe gefasst machen müssen…Von den vielen bedrohten Fischsorten ganz zu schweigen, die wir auf unseren Speisekarten nicht missen möchten.

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Feuerfische sind als erste exotische Fischart in die Korallenriffe der Bahamas eingedrungen und haben dort das Ökosystem geschädigt, indem sie dort heimische Fischarten oder deren Nahrungsgrundlage in großen Mengen gefressen haben. Der Rückgang der Fischbestände hat auch die Fischindustrie, und die von ihr abhängige lokale Wirtschaft, hart getroffen. Auch die Tourismusbranche ist betroffen.

Und die Invasion der Feuerfische nimmt weiter zu. Sie sind an der Ostküste bis nach Rhode Island vorgedrungen und wurden zudem schon in Brownsville (Texas) im Golf von Mexiko gesichtet.

Glücklicherweise spricht ein Punkt für sie: Sie sind absolut köstlich.

Wir sollten wohl am besten damit anfangen, sie zu jagen und aufzuessen. Aber ein Rachefeldzug wird dadurch erschwert, dass das Fangen (und spätere Zubereiten) nichts für Weichlinge ist: Denn ihre Stachel sind giftig, weswegen viele Fischer ihnen nicht zu nahe kommen wollen.

„Viele der einheimischen Fischer hatten große Angst vor ihnen", so Houston Moncure, einer der Eigentümer des Luxusressorts Bluefields Bay Villas auf Jamaika. „Auch wir hatten sie mittlerweile gesichtet und hörten von unseren Gästen, dass sie beim Schnorcheln auf Feuerfische gestoßen waren. Dann erklärte uns ein Freiwilliger des Friedenskorps, dass er in der Lage sei, die Stacheln zu entfernen und den Fisch im Anschluss zu kochen."

Die Chefin von Bluefields Bay Villas, Carmen Hibbert, hat sich daraufhin erklären lassen, wie sie die Stacheln entfernen muss, um den Fisch gefahrlos zubereiten zu können. Sei es gegrillt, in Biersauce eingelegt oder wie bei Jerk Chicken mit einer Kokosnusssauce angerichtet, das neue Gericht kam laut Hibbert bei den Gästen super an.

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„Die sind alle ganz verrückt danach", meint Hibbert.

In den USA sind sogenannte „Fisch-Rodeos"—bei denen Sportfischer darum wetteifern, wer den größten Fang macht—mittlerweile zu einer gängigen Methode geworden, um Feuerfische zu fangen. Der Chefkoch und Miteigentümer des Fischrestaurants GW Fins, Tenney Flynn, hat zum ersten Mal etwas von Feuerfischen gehört, als er von einer Firma für Restaurantausstattung aus South Bend (Indiana) kontaktiert wurde. Die hatten einen Rodeowettbewerb für Feuerfische in Del Rey organisiert.

„Rund 100 Taucher haben zwischen 700 und 800 Feuerfische gefangen. Ich habe ihnen dann später bei der Zubereitung geholfen", so Flynn.

Danach hat er dann selbst als Taucher bei solchen Feuerfischjagden teilgenommen.

„Mich hatte Sporttauchen schon immer interessiert und jetzt hatte ich endlich einen guten Grund damit anzufangen", erzählt uns Flynn.

In Florida stieß ein anderer amerikanischer Küchenchef auf eine weitere Bezugsquelle für Feuerfische: Hummerfischer.

Ryan Chadwick ist einer der Eigentümer des New Yorker Restaurants Norman's Cay. Zum ersten Mal Feuerfisch aß er vor 12 Jahren auf den Bahamas. Als er später dann begann, die Speisekarte für ein karibisches Restaurants zu entwickeln, war ihm sofort klar, dass Feuerfisch darauf nicht fehlen dürfe.

„Er schmeckt köstlich", ist Chadwicks Meinung zu dem Fisch. Da sich aber seine Lieferung als schwierig erwies, sorgte er für eine eigene Bezugsquelle.

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„Ich bin mehrfach auf die Bahamas geflogen und mit ein paar Fischen im Gepäck wieder zurückgekehrt", erzählt uns Chadwick.

Das war aber nicht besonders kosteneffizient, sobald das Restaurant erst einmal eröffnet war. Dann fand er heraus, dass sich Feuerfische bei Fischern in den Florida Keys in den Netzen verfangen. Also hat er über FedEx Übernacht-Lieferungen mit frisch gefangenem Feuerfisch organisiert. Da mittlerweile aber die Hummersaison zu Ende war, hat Chadwick damit begonnen, zur Überbrückung ein Team von Tauchern zusammenzustellen.

„Feuerfische gehören zu den besonders nachhaltigen Fischarten", so Moncure.

Das Fleisch ist butterweich und ähnelt im Geschmack dem eines typischen Weißfisches. Flynn ergänzt: „Es handelt sich um einen süßlichen und recht milden Fisch, der eigentlich fast jedem schmeckt. Er kann zudem auf sehr unterschiedliche Weise zubereitet werden."

Im Norman's Cay wird Feuerfisch entweder gegrillt oder gebraten und mit Tomatillos, Kichererbsen, Fenchel und einer speziellen Salsa gereicht. Alternativ wird er roh serviert und mit einer Jalapeño-Vinaigrette, Mangos, eingelegten roten Zwiebeln und Minze angerichtet.

Anstatt uns über die Invasion des Feuerfisches den Kopf zu zerbrechen, sollten wir lieber damit beginnen, ihn einfach zu essen. Für die Umwelt.

Oberstes Foto: Jayhem | Flickr | CC BY 2.0