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Die erste Impfung für Insekten könnte die Bienen dieser Welt retten

Die Bienenkönigin isst den Impfstoff und gibt den immunisierenden Effekt so an die nachfolgenden Generationen weiter. Soweit die Theorie.
Bettina Makalintal
Brooklyn, US
Emsige Honigbienen auf einer Wabe
Fleißige Bienchen | Foto: PollyDot | Pixabay | Public Domain

Honigbienen könnten sich vielleicht schon bald durch ihr Futter gegen Krankheiten schützen – dank neuer Forschungen an der Universität von Helsinki. Die beiden Wissenschaftlerinnen Dalial Freitak und Heli Salmela haben mit essbaren Zuckerhäppchen die erste Impfung für Bienen entwickelt. Gute Nachrichten, wenn man bedenkt, welche Bedrohung bakterielle Krankheiten für die gefährdeten Bestäuber-Insekten darstellen.

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Mit der Impfung, die Freitak und Salmela "PrimeBEE" nennen, haben die beiden Forscherinnen eine Lösung für ein Problem in der Immunforschung bei Insekten gefunden: Den Immunsystemen der kleinen Tiere fehlt es an Antikörpern, weshalb sie kein Immungedächtnis haben können. Bei Säugetieren kommt das automatisch, wenn sie Krankheitserregern ausgesetzt sind.

Um etwas gegen diese Schwäche des Immunsystems zu tun, haben Freitak und Salmela essbare Zuckerscheibchen mit dem Impfstoff versetzt. Die Königin verspeist eines dieser Zuckerscheibchen und nimmt so das Protein Vitellogenin zu sich, das bei der Eierproduktion eine Rolle spielt. In einer E-Mail an MUNCHIES schreibt Freitak: "Die Impfung besteht aus speziellen Komponenten und enthält Bestandteile eines Erregers, der eine Abwehrreaktion im Immunsystem hervorruft."


Video: Ohne Honig gibt es auch keine süßen Nüsse


Wenn die Bienenkönigin den Impfstoff zu sich nimmt, bindet sich das Vitellogenin an diese Bestandteile des Erregers und nimmt sie so in die Eier der Königin mit. "Auf diesem Weg wird der Auslöser der Immun-Abwehrreaktion an die nächste Bienengeneration weitergegeben – die dann eine höhere Widerstandsfähigkeit gegen die Krankheit entwickelt", erklärt Freitak. Die Forscherin merkt aber auch an, dass die Zahl der nachfolgenden Bienen, die durch die Impfung geschützt sind, stark von der Dosierung abhänge. "Unser Ziel ist es, den gesamten Bienenstock zu schützen."

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Das ganze Prinzip hinter der Impfung wurde vor drei Jahren entdeckt, aber erst jetzt testen die Forscherinnen den Impfstoff unter Laborbedingungen und bereiten ihn für eine behördliche Freigabe vor.

Freitak und Salmela wollen mit der Impfung vor allem gegen die Amerikanische Faulbrut ankämpfen. Dabei handelt es sich um eine bakterielle Krankheit, die Bienenkolonien befallen und auslöschen kann. Auf der ganzen Welt fürchten Imker die Faulbrut und das US-Landwirtschaftsministerium hat sie schon als die zerstörerischste Krankheit ihrer Klasse bezeichnet. In einem aktuellen Interview mit dem Radiosender NPR sprach Toni Burnham, der Präsident des Imkerverbands von D.C., im Bezug auf die Amerikanische Faulbrut von einem "Todesurteil" für Bienenvölker.

Weil die Amerikanische Faulbrut durch Bakteriensporen übertragen wird, kann jede infizierte Biene, jeder infizierte Honig und jedes infizierte Equipment die Krankheit verbreiten. Zudem sind die Sporen besonders widerstandsfähig und langlebig: Burnham sagte in dem Interview, dass selbst 100 Jahre alte Honigproben noch immer ein Ansteckungsrisiko darstellten. Weil sie sowohl extreme Kälte als auch extreme Hitze überleben, kann man die Sporen nur abtöten, indem man alles verbrennt oder bestrahlt, was damit in Berührung gekommen ist.

Wenn bei einer Kolonie die Amerikanische Faulbrut festgestellt wird – egal, wie weit der Befall schon fortgeschritten ist –, dann müsse man laut Burnham sofort handeln: "Alles muss brennen, von den Bienen bis hin zum Stock. Bis nichts mehr da ist", sagte er gegenüber NPR.

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"Krankheiten gehen Hand in Hand mit anderen Problemen wie Pestiziden oder der Zerstörung von Lebensraum."

Krankheiten wie die Amerikanische Faulbrut sind mitverantwortlich für den alarmierenden Rückgang der Bestäuberpopulation in den vergangenen Jahrzehnten. Im Laufe von 25 Jahren sei die Anzahl der kontrollierten Bienenkolonien im US-Bundesstaat Pennsylvania um mehr als die Hälfte geschrumpft, so ein Bericht aus dem Jahr 2006. Allein zwischen 2015 und 2016 ist fast die Hälfte aller amerikanischen Bienenvölker gestorben. Ende 2016 wurden sieben auf Hawaii beheimatete Bienenarten als gefährdet eingestuft. Und in Europa ist quasi jede zehnte Wildbienenart vom Aussterben bedroht.

Dieser großflächige Rückgang könnte verheerende Folgen für die weltweite Landwirtschaft haben. Immerhin machen Pflanzen, die auf die Bestäubung angewiesen sind, um die 35 Prozent der globalen Nutzpflanzenproduktion aus. Das steht in der New York Times.

Freitak ist sich bewusst, dass es neben der Amerikanischen Faulbrut noch viele weitere Gefahren für Bienen gibt. Die Impfung soll da ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung sein. "Krankheiten gehen Hand in Hand mit anderen Problemen wie Pestiziden oder der Zerstörung von Lebensraum", heißt es in der Pressemitteilung. "Wenn die Honigbienen durch uns gesünder werden und wir mit dieser Erfindung auch nur einen kleinen Teil der Bienenpopulation retten, dann haben wir etwas Gutes getan und zur Rettung der Welt beigetragen."

Auf die Frage, wie und wann Imker an den Impfstoff kommen, schrieb Freitak in ihrer Mail: "Das können wir jetzt noch nicht sagen. Ein paar Jahre wird es aber noch dauern."

Dieser Artikel ist zuerst bei MUNCHIES US erschienen.

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