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Versaute Craft Biere gewinnen oft mal Preise

Vor allem wenn man nicht sauber arbeitet, kann beim Bierbrauen einiges schief laufen. Wenn du Glück hast, gewinnst du damit aber einen Bierwettbewerb.
Photo via Flickr user Nicola

Willkommen zu unserer Kolumne Nomadic Brews über das Wanderbrauen erzählt von Jeppe Jarnit-Bjergsø von Evil Twin Brewing. Jeppe braut Bier in Ländern wie Taiwan, Mexico oder Brasilien und jeden Monat wird er uns von seinen Reisen um die Welt erzählen.

Im November verbrachte ich fünf Tage in Rio de Janeiro, um bei einem relativ neuen Festival, dem „Mondial de la Bière", mit 160.000 Besuchern dabei zu sein. Ich war einer von sechs Juroren aus der ganzen Welt und wir probierten mehr als 280 verschiedene Biere innerhalb von eineinhalb Tagen. Betrunken wurde ich davon nicht, ein bisschen gespürt habe ich den Alkohol aber schon. Ich bin aber auch ein ziemlich guter Trinker—wenn ich ein Talent in meinem Leben habe, dann ist es, große Mengen Alkohol zu trinken und davon nicht betrunken zu werden.

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Es war anstrengend, so viele verschiede Biere zu probieren: Meine Zunge wurde müde, wodurch es schwierig wurde, die Geschmäcker voneinander zu unterscheiden.

Es hat sehr viel mit einer Weinverkostung gemein, außer, dass wir das Bier runterschlucken müssen, weil man die bitteren Komponenten erst am hinteren Ende der Zunge schmeckt. Wein hat keine bitteren Komponenten, man schmeckt also mit dem vorderen Ende der Zunge.

Bei Weinverkostungen schlucke ich den Wein trotzdem runter, weil ich das Gefühl mag.

Wenn man Bier verkostet, sieht man sich das Bier auch an: Ist es klar oder wolkig? Sieht es trübe aus oder gibt es Hefeablagerungen? Bei Craft Beer ist das nicht selten.

Man riecht daran, als wäre es Wein—ist es lieblich, bitter, blumig? Wie ist das Mundgefühl? Und wie sieht es mit der Kohlensäure aus? Wenn es zu schal oder zu prickelnd ist, schmeckt es mir nicht. Zu viel Kohlensäure könnte auch ein Zeichen für eine Infektion sein.

Ich bin immer auf der Suche nach Harmonie, aber das fehlt vielen Craft Beer. Es gibt IPAs, die so bitter sind, dass du sie kaum trinken kannst. Mächtige Imperial-Stouts, die viele Brauereien jährlich auf den Markt bringen, sind ungenießbar. Sie schmecken nach Keksteig und sind viel zu süß, aber die Leute stehen drauf.

Manche Craft-Brauer pasteurisieren ihre Biere, damit das Produkt einen konstanten Geschmack hat. Dadurch wird die lebendige Hefe abgetötet und jedes Bier schmeckt einheitlich.

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Ich habe schon Biere gesehen, die im Regal explodiert sind, hätte ich sie zuvor pasteurisiert, wäre das nicht passiert. Aber das ist Teil des Lernprozesses und auch das Schöne an Craft Beer: Man arbeitet mit einem lebendigen Produkt. Kleine Brauereien verzichten meist auf das Pasteurisieren und produzieren deshalb (vielleicht) nie zwei Mal das gleiche Bier, auch wenn das Rezept und die Zutaten die gleichen sind. Ist die Temperatur während der Fermentation anders, wirkt sich das auf den Geschmack des Biers aus. Und das ist wunderschön. Die Menschen sind nicht perfekt, wieso sollte es also ein Produkt sein?

Bei einer Bierverkostung ist infiziertes Bier nichts Wünschenswertes. Die Gründe für eine Infektion, durch die ein Getränk ungenießbar werden kann, sind vielfältig. Bei einem Bier, das ich als Jurymitglied bewerten musste, wäre ich allein vom Geruch beinahe tot umgefallen. Es war einer der ekelerregendsten Gerüche, die mir je untergekommen sind. Es roch sauer und seifig. Getrunken habe ich es nicht, das wäre echt widerlich gewesen.

Das hatte wahrscheinlich mit Bakterien zu tun, die entstehen, wenn das System vor dem Brauen nicht gründlich gereinigt wird. Wenn frisches Bier ein Jahr lang gelagert wird, kann es sauer werden. Diese Art der Infektion entwickelt sich im Laufe der Zeit. Frisch war das Bier also auf keinen Fall.

In 15 Jahren habe ich mehr als 20.000 Biere konsumiert. Im Laufe der Zeit lernt man, wie man Bier verkostet und auf was man achten muss. Manche Biere rochen, als würde man eine frische Packung geschmolzene Butter öffnen. Das ist eine der häufigsten Infektionen, die vielen Anfängern passiert.

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Wenn dein Bier nach grünen Äpfeln riecht, ist das ein Fehler. Als blumige Not kann das beispielsweise in belgischen Ales erwünscht sein, meistens ist es aber ein Zeichen für eine Infektion.

Wenn es nach verbranntem Gummi riecht und schmeckt, ist ebenfalls etwas schief gelaufen. Wenn es nach nassem Karton riecht, ist es oxidiert. In einem frischen Bier hat meiner Meinung nach dieser Geschmack nichts verloren. Aber ich persönlich trinke auch nicht gerne nassen Karton.

Infektionen können auch beabsichtigt sein. Belgisches Brown Ale wird beispielsweise nach dem Brauen in ein Fass abgefüllt (ohne irgendetwas hinzuzufügen) und dadurch kann ein säuerlicher Geschmack entstehen (wie beim flämischen Red Ale). Im Grunde ist es mit Infektionen wie beim Lotto spielen—wenn es zu deinen Gunsten ausgeht, ist es wie der Jackpot für dein Bier.

Es handelt sich eben um ein Lebewesen und es kann sich in verschiedene Richtungen entwickeln.

Die Craft Beer-Brauer haben gelernt, wie sie diese Infektionen einimpfen müssen. Ein Lambic—das perfekteste, reinste Bier der sauren Biere da draußen—ist eine wilde Hefeinfektion, die man nicht kontrollieren kann. Da geht es darum, es so zu mischen, dass es jedes Mal fast genau gleich schmeckt. Bier ist etwas Lebendiges, der Geschmack kann sich verändern, aber es gibt immer Wege, das auszugleichen.

Vor 12 Jahren war ich Juror bei einem Hobbybrauwettbewerb in Dänemark und das Gewinnerbier war ein unabsichtliches braunes Ale, dem der Brauer Heidelbeeren hinzugefügt hatte. Niemand machte damals saure Beerenbiere, und es schmeckte verdammt gut. Als ich mich mit dem Hobbybrauer unterhielt, stellte sich heraus, dass er keine Ahnung hatte, was schief gelaufen war. Er wird dieses Bier nie wieder so herstellen können, weil er sich nicht daran erinnern konnte, was er versaut hatte.

Als Craft-Brauer versuchen wir manchmal Gott zu spielen und wollen ganz genau kontrollieren, was wie in unser Bier kommt. Aber Fehler und Bierinfektionen können ziemlich cool sein.