​Game of Selfies – So war’s bei der ‚Game of Thrones‘-Ausstellung in Berlin
Foto: Grey Hutton

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Kultur

​Game of Selfies – So war’s bei der ‚Game of Thrones‘-Ausstellung in Berlin

Fotostationen und Jon Snow mit Oculus Rift—der Kampf um den eisernen Thron entscheidet sich anscheinend mit Handykameras und 3D-Brillen.

„Glaubst du, wir sind underdressed?", wispert mir der Fotograf ins Ohr, während ich mit Sektglas in der Hand ins Leere starre. Wir befinden uns bei der Eröffnungsfeier für die Game of Thrones-Ausstellung, die in Kooperation mit Sky in Berlin gastiert, und lauschen inmitten von Anzugträgern und vereinzelten Cosplayern der Eröffnungsrede.

Alle Fotos: Grey Hutton

Meine Versuche, mir kunstvoll die Haare zu flechten, waren kurz davor im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser gefallen, denn Sturm was coming und das Arena-Gelände am Treptower Park nun nicht gerade um die Ecke. Cersei wäre sehr enttäuscht und das zu Recht. Schließlich hatte ich vor der Veranstaltung einem Haus meiner Wahl die Treue schwören müssen und mich für die Lannisters entschieden. Grey hingegen wählte mit einem euphorischen „Ich bin Arya Stark!" die sympathisch depressive Familie aus dem Norden. Das machte Sinn, schließlich ist er nur ziemlich genau doppelt so groß wie sie und ein Mann.

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Sekt und Anzug also

statt güldene Kelche voller schwerem, dunklen Rotwein, aber was soll man machen. Immerhin kommt bei den Eingangsformalitäten niemand zu Tode, auch wenn der anwesende CDU-Generalsekretär Peter Tauber (fragt nicht …) mit der lobenden Erwähnung von „Sissi Lannister" knapp an einem Handkantenschlag meinerseits vorbeischrammt. Die Organisatoren und die zwei Stargäste (Liam Cunningham aka Davos Seaworth und Tom Wlaschiha, Serienfans als Jaqen H'ghar bekannt) durchschneiden das Band, die Ausstellung ist eröffnet und der Kampf um das beste Self … den eisernen Thron kann beginnen. Endlich.

Auf relativ überschaubarem Terrain sind Originalkostüme und -Waffen aus der Serie ausgestellt, dass es sich bei „Game of Thrones—The Exhibition" allerdings mehr um Social-Media-optimierten Fanservice als eine tatsächliche Ausstellung handelt, wurde relativ schnell klar. Direkt die erste Station beinhaltet einen Greenscreen, vor dem man sich fotografieren und anschließend in einen White Walker verwandeln lassen kann. Oder, um konkreter zu werden: Euer Hautbild wird dramatisch verschlechtert, ihr befindet euch plötzlich in einem verschneiten Wald und jemand hat euch blaue Murmeln auf die Augen geklebt. Scary.

Bevor man sich fotografieren lassen darf, muss man allerdings den Code nennen, der einem durch die Auswahl eines Hauses generiert wurde, damit einem die Bilder später zugeschickt werden können (Ich werde euch mein Eiszombie-Bild vorenthalten. Es ist besser für uns alle). Irgendwie hatte ich mir das mit meiner Funktion als Neu-Lannister ein bisschen spektakulärer vorgestellt. Heavy-Petting mit Jaime hätte schon drin sein müssen.

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Drei Meter weiter stauen sich wieder Leute. Zum Einen, weil Liam Cunningham etwas verloren mitten unter den geladenen Gästen steht, zum Anderen gibt es die Möglichkeit, sich mit einem ziemlich großen Plastikschwert fotografieren zu lassen. Die Besucher, größtenteils wahrscheinlich Pressevertreter oder Geschäftspartner vom Ausrichter Sky, gebärden sich wie begeisterte Kinder. Hier ein Selfie mit der Nachbildung eines White Walkers; da die Möglichkeit, sich vor sonniger Kulisse in Todesqualen abzulichten und anschließend in Drachenfeuer reinmontieren zu lassen—eigentlich fehlt nur, dass man sich in eine Kostümnachbildung zwängen und Familienfotos der etwas anderen Art machen kann.

Die längste Schlange bildet sich übrigens, wenig überraschend, vor dem zentralen Stück: dem eisernen Thron. Nicht dem originalen natürlich, aber einer ansatzweise glaubwürdigen Nachbildung, die sich mit dem richtigen Instagram-Filter wahrscheinlich noch etwas dramatischer in Szene setzen lässt. Das tatsächliche Highlight der Ausstellung befindet sich allerdings am Ausgang. Ich möchte ehrlich sein: Jon Snows Abenteuer an der Wall (man entschuldige das massive Denglisch in diesem Text. Ich weiß, dass es sprachlich sehr unschön ist) gehören für mich nach wie vor zu den weniger spannenden Elementen der Serie—auch wenn sie glücklicherweise deutlich interessanter inszeniert sind als die diesbezüglichen Kapitel in den Büchern.

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Dass man allerdings die Möglichkeit hat, mittels Oculus Rift einen virtuellen Rundgang in eisigen Höhen zu unternehmen, ist ziemlich cool. Auch, weil es sich mit künstlichem Wind im Haar und authentischer Geräuschkulisse auf den Ohren so echt anfühlt, wie sich eine Fantasy-Welt eben anfühlen kann.

Als wir die Brillen wieder abnehmen, hat sich die Halle größtenteils geleert. Es ist Zeit für Speis und Trank. „Das ist so primitiv", zischt jemand im Vorbeigehen, der sich als Oberyn Martell verkleidet hat und die Hallen durchschreitet, als würden sie ihm gehören. Den natürlichen Swagger des TV-Vorbilds erreicht er dabei allerdings nicht. Ob er damit die Tatsache meint, dass bei der After-Party ein Gebäude weiter Champions League geguckt und Schweinebraten gereicht wird, oder er sich vielleicht doch darüber ärgert, dass die GoT-Ausstellung mehr Promoaktion für die fünfte Staffel als umfassende Ergänzung zum Mythos der Fantasy-Reihe ist, bleibt offen.

„Valar morghulis", denkt sich derweil wahrscheinlich Jaqen H'ghar, der an der Bar steht und tiefe Schlucke aus seiner Bierflasche nimmt. Wenige Stunden zuvor hatte er noch einer Reporterin erzählt, wie sehr die Serie sein Leben verändert hat. „Ich bereue es, kein Foto auf dem eisernen Thron gemacht zu haben", seufzt Grey, als wir die Location verlassen und ich auf dem Weg nach draußen einem Plakat von Jaime Lannister meine Liebe gestehe. Die Nacht ist dunkel und voller Schrecken—aber immerhin regnet es nicht mehr.

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Folgt Lisa und Grey bei Twitter: @antialleslisa @greyman01