FYI.

This story is over 5 years old.

Πακιστάν

Pakistans einzige legale Brauerei

Pakistans Bevölkerung besteht zu 97 Prozent aus Muslimen und es herrscht eine strenge religiöse Rechte, die den Konsum von Alkohol verbietet. Dort würdest du also nicht gerade nach einem leckeren, eisgekühlten Bier suchen. Aber in der Murree Brauerei...
Foto: Indi Samarajiva | Flickr | CC BY 2.0

Eigentlich ist Pakistan—ein Land, dessen Bevölkerung zu 97% aus Muslimen besteht und in dem die religiöse Rechte vorherrscht—der letzte Ort, an dem du nach einem leckeren, eisgekühlten Bier suchen würdest. Auch wenn dort jetzt die Gesetze bezüglich dem illegalen Konsum von Alkohol durch Muslime (etwas) gelockert wurden—ein Gericht hat 2009 empfohlen, dass die Regierung die Strafe von 80 Peitschenhieben für das Trinken aussetzt—so erscheint einem Pakistan immer noch als ein unpassender Ort, um Einen zu heben.

Anzeige

Wenn du aber zu einer sehr kleinen demographischen Gruppe gehörst (oder einfach nur dicke Eier hast), dann kannst du dort auch ein legal vor Ort gebrautes Bier genießen, an einem mit Preisen ausgezeichneten, 21 Jahre alten Single Malt Scotch nippen oder eine Reihe andere Spirituosen probieren. Heutzutage ist die Militärstadt Rawalpindi nahe Islamabad die Heimat von Murree, eine von Asiens ersten modernen Bierbrauereien und Pakistans älteste, größte und einzige legale Brauerei und Destillerie.

Die ersten 30 Jahre nach dem Erlangen der Unabhängigkeit gab es in Pakistan noch liberale Alkoholgesetze und eine etablierte Bar- und Kneipenlandschaft. 1977 änderte sich aber alles, als der Premierminister Zulfikar Ali Bhutto der religiösen Rechte ein Prohibitionsgesetz einräumte, das seither gültig ist. Es verbietet den Muslimen des Landes den Konsum und den Erwerb von Alkohol. Murree ist trotzdem eines der größten Unternehmen des Landes—eine Ironie, mit der niemand etwas anfangen kann.

Murree ist ein Relikt der britischen Kolonisation auf dem Subkontinent, wo die Brauerei schon den Durst der dort stationierten Raj-Truppen gelöscht hat. Das Unternehmen hat seit gut 152 Jahren das Monopol auf Alkohol in Pakistan. Trotzdem zielt das (legale) Geschäft nur auf Exporte ins Ausland und auf Nicht-Muslime (ungefähr drei Prozent der Bevölkerung) ab.

Murree ist es unter den Prohibitionsgesetzen verboten, seine alkoholischen Getränke in Pakistan zu bewerben—die großen Neonreklamen des Unternehmens waren tatsächlich mit das Erste, was 1977 während den religiösen Aufständen gegen die Bhutto-Regierung zerstört wurde.

Anzeige

Wenn man bedenkt, dass die Zielgruppe nur so klein ist, dann ist der Erfolg der Brauerei erstmal verwirrend. Ein Grund für diesen Erfolg könnten die Gefahren sein, die die dunklen, überschwappenden Badewannen voller schwarz gebranntem pakistanischem Schnaps bergen. 2007 war eine Ladung von dem Zeug für den Tod von 40 Leuten und dem Erblinden von vielen Anderen verantwortlich. Laut Sabih Ur Rehman, dem Assistenten des Geschäftsführers von Murree, ist illegal gebrannter Alkohol in Pakistan weit verbreitet und sehr gefährlich. „Jedes Jahr kann man in der Presse lesen, dass die Leute wegen sogenannten gefälschten Erzeugnissen sterben. Es wird mit Nachdruck dazu geraten, Alkohol nur bei legalen Verkaufsstellen zu erwerben, um sein Leben nicht zu gefährden", schreibt er in einer E-Mail.

Murree ist es unter den Prohibitionsgesetzen verboten, seine alkoholischen Getränke in Pakistan zu bewerben—die großen Neonreklamen des Unternehmens waren tatsächlich mit das Erste, was 1977 während den religiösen Aufständen gegen die Bhutto-Regierung zerstört wurde. Aber selbst mit der eingeschränkten Rechtsstellung sollte man meinen, dass der größte Hersteller von alkoholischen Getränken mehr Kritik von konservativen Gruppierungen einstecken müsste, die sich um den moralischen Verfall sorgen machen. Aber das Unternehmen betont immer wieder, dass es sich innerhalb der kulturellen Grenzen bewegt. „Unsere Produkte sind bestimmt für die nicht-muslimischen Pakistaner und wir halten uns streng an die Gesetze des Landes", sagte Rehmann. „Und wir benutzen auch nur die vom Gesetz vorgegeben Kanäle zum Verkauf. Wir bekommen sowohl positives als auch negatives Feedback von mehreren Gruppen—dabei nicht nur von den Konservativen", sagte er.

Anzeige

Aber wie es bei jeder Angewohnheit so ist, gab Rehman im Guardian zu, dass die Vorschriften oft umgangen werden und „viele der anderen 97% auch trinken". Und in einem Land, in dem es immer mehr brodelt und die Drogenprobleme weiter ansteigen, scheint ein Gegenreaktion der Konservativen sehr wahrscheinlich—das bedeutet nichts Gutes für den Inlandsmarkt von Murree. „Jeden Tag, den wir weiter bestehen", sagte der Geschäftsführer Ispanyar Bhandara Reuters, „ist ein Segen." Zum Glück könnten die Dinge für sie im Ausland nicht besser laufen.

Vor zwei Jahren sorgte Murree „zufällig für Publicity im Wert von mehreren Millionen Dollar", als die nicht volljährige Tochter von Bruce Willis in der New Yorker U-Bahn mit einer Bierdose des Unternehmens erwischt wurde und alle Revolverblätter über den Vorfall berichteten. „Wir wollen in die USA reisen und sowohl die Tochter als auch die Mutter umarmen", sagte Rehman zu Reuters.

Die Kombination aus der eher traurigen Entwicklung auf dem Inlandsmarkt und der unerwarteten Publicity scheint dem Unternehmen ganz neue Möglichkeiten auf den internationalen Märkten eröffnet zu haben. 2012 gab es bekannt, dass es expandieren und neue Märkte in den USA, in China, in Indien und in Dubai erschließen wolle. Im folgenden Jahr stand Murree sogar auf der Forbes-Liste ‚Asia's 200 Best Under a Billion'. Während die einen Märkte—wie der indische, wo die Bevölkerung allein in 2011 ungefähr zwei Milliarden Liter Bier runtergekippt hat—garantiert für einen Geldsegen sorgen, kann man bei anderen keine so genaue Prognose treffen.

Anzeige

In einem Gebäude auf der Park Avenue in Manhatten hat sich Murree ein Flagship-Büro eingerichtet, von dem aus die Murree Brauerei-Initiative in den USA gelenkt werden soll. Diese sieht auch ein 30-Kessel-Brauhaus-System vor, mit im ersten Jahr 6000 Fässer Bier produziert werden sollen. Noch steht nicht genau fest, wann mit dem Brauen begonnen werden soll.

Murree USA hat meine Anrufe nicht beantwortet, aber laut ihrer Website werden sie wohl so ziemlich die selben Produkte wie auf dem indischen Subkontinent anbieten, darunter eine ganze Reihe Biere, Spirituosen und den stets verlockenden „SMAG!"-Energydrink.

Bis jetzt liegt vieles des Amerika-Projekts des Unternehmens noch im Dunkeln, wie zum Beispiel die Zielgruppe. Immerhin trinken im Ausland lebende Muslime mit großer Wahrscheinlichkeit auch keinen Alkohol. Die Boulevardpresse kann nicht das komplette Marketing übernehmen und die Website ist auch keine wirklich große Hilfe. Man kann auch mit Sicherheit sagen, dass die Designer sich keine großartigen Gedanken gemacht haben, als sie ihren Namen einfach mit Photoshop auf eine sehr bekannte amerikanische Bierflasche gesetzt haben. So könnte man fast den Eindruck bekommen, dass Murree vielleicht noch nicht ganz auf dem Stand der normalen Abläufe des Marktes ist. Jedoch nimmt das Interesse an unbekannten, ausländischen Bieren stetig zu und in den letzten Jahrzehnten wurden immer mehr kleinere Brauereien gegründet—Murree könnte sich also als beliebtes Nischenprodukt etablieren.

Für in den USA lebende Pakistanis, die Alkohol konsumieren, könnte die verstärkte Präsenz von Murree ein angenehmes Stück Heimat bringen. Die klaren Süßmais- und Malzaromen aus der schön anzusehenden, grünen Dose sind die, an die sie sich erinnern werden und die Cricketspieler schon in den 70er-Jahren genossen haben. Frag einfach mal Scout Willis.

Oberstes Foto: Indi Samarajiva | Flickr | CC BY 2.0