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Restaurant Confessionals

Hört endlich auf, Kellnerinnen anzubaggern

"Wir werden von den Kunden zu Objekten degradiert, während wir ihnen die Drinks mixen, und das ist in Wahrheit nur eines: scheiße."

Willkommen zurück zu den Restaurant Confessionals, wo wir den Leuten aus der Gastronomie eine Stimme geben, die ansonsten viel zu selten zu Wort kommen. Hier erfährst du, was sich hinter den Kulissen in deinen Lieblingsrestaurants so alles abspielt. Eine Barbesitzerin erzählt uns heute, wie sehr ihr verzweifelte und grenzwertige Anmachversuche auf den Geist gehen.

"Hey, bei allem Respekt, kann ich dir mal eine ernste Frage stellen?"

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Das fragte mich einer meiner Stammkunden eines Tages. Bis dahin respektierte ich diesen Typen und ich dachte, er respektiert mich auch. Er trug jeden Tag schicke Anzüge und fuhr ein schickes Auto. Wir hatten ein paar ernsthafte Gespräche, ich gab ihm immer mal kostenlos ein paar Kurze, weil er jeden Tag nach der Arbeit zu uns kam und immer gutes Trinkgeld gab.

Dann versaute er alles mit einer Frage, die ich so niemals erwartet hätte:

"Trägst du gerade Unterwäsche?"


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Ab diesem Moment habe ich jeden Respekt für diesen Kunden verloren. Ich war innerlich total verärgert, aber ich schaffte es irgendwie, das abzutun, wie man das als Frau im Bargeschäft irgendwie auch machen muss. Weil ich keine Unterwäsche trug – was ziemlich offensichtlich war, da sich nichts unter meiner Kleidung abzeichnete –, antwortete ich ihm frech: "Warum zum Henker fragst du, wenn du es doch offensichtlich sehen kannst?" Das Schlimmste war, dass er vorher nie versuchte zu flirten, ich auch nicht. Er kommt immer noch regelmäßig, doch es ist nicht mehr so wie früher. Ich bin ihm gegenüber jetzt sehr abweisend und würde sogar sagen, dass ich seit diesem Tag einen gewissen Groll gegen ihn hege.

Das ist nur eine Art von sexueller Belästigung, mit der ich als Barbesitzerin umgehen muss.

Es gab noch eine andere Geschichte, seitdem habe ich keine Lust mehr, Gratis-Shotszum Geburtstag auszugeben. Die Leute hatten viel Spaß und ich auch, also meinte ich nur: "Hier, für euch!" Einer von ihnen sagte: "Kann ich den von deinem Körper trinken? Du bist so verdammt heiß. Ich würde gern wissen, wie du schmeckst." Ich lachte nur und ging weg.

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Dann gibt es noch diesen unheimlichen Kunden, der mich während meiner Pause anstarrte und mir sagte: "Ich liebe es, wie du isst." Und dann war da noch diese Situation, als ein Kunde sagte: "Ich kann deine Muschi riechen." Ich musste auch nie jemanden aus meiner Bar rausschmeißen, außer diese eine lesbische Kundin, die besessen von mir war und einfach nicht nach Hause gehen wollte. Sie legte sich sogar mit dem Türsteher an, weil er sie rausgeworfen hat.

Schon vor meiner Geburt hatten meine Eltern diverse Bars. Ich habe das Nachleben immer geliebt, weil ich damit aufgewachsen bin. Noch bevor ich überhaupt Alkohol trinken durfte, habe ich meinem Vater in den Bars geholfen und den älteren Männern ihre Drinks serviert. Damals wurde mir das erste Mal klar, welche Konsequenzen es hat, wenn man als junge Barkeeperin einen Haufen betrunkener Männer bedienen muss.

Früher hat mich das nicht dolle gestört, jeder wusste, dass ich die Tochter des Besitzers war und hat es nicht gewagt, mich anzufassen. Aber je älter ich wurde und je mehr ich wie eine Frau aussah, desto mehr bekam ich dumme Kommentare von den männlichen Kunden zu hören. Die habe ich abgetan und nicht ernst genommen. Ich hatte damals keine Ahnung, dass dieser frühe Kontakt mit notgeilen alten Männern mich auf einige der Kommentare vorbereiten würde, die man zu hören bekommt, wenn man hinter der Theke arbeitet und Brüste hat.

Beim Dress-Code in meinem Laden bin ich relativ entspannt, meinen Kellnerinnen und Barkeeperinnen sage ich, dass sie etwas Schwarzes und Bequemes tragen sollen, damit sie sich auf Arbeit selbstbewusst fühlen. Die meisten von ihnen sind unter 30, also bedeutet das oft, dass sie ein Kleid tragen, das etwas mehr zeigt. In den ersten Tagen nach der Eröffnung gab es einen Vorfall, als ein Kunde einfach nicht aufhören wollte, auf das Dekolleté einer der Kellnerinnen zu starren. Sie fühlte sich unglaublich unwohl und fragte mich, ob ich ihn von den Securitys rausschmeißen lassen könnte. Ich konnte jedoch nichts machen, er hat nicht gegen das Gesetz verstoßen, weil er gegafft hat.

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Mit diesen Typen professionell umzugehen, ohne sie als Kunden zu verlieren, ist eine tägliche Herausforderung und erfordert Anmut, Klasse, Anstand, ein schlaues Köpfchen und eine gewisse Coolness.

Wir werden von den Kunden zu Objekten degradiert, während wir ihnen die Drinks mixen, und das ist in Wahrheit nur eines: scheiße. Es sollte einfach nicht akzeptabel sein, Frauen wie ein Stück Fleisch zu behandeln. Gleichzeitig kann man sich auch nicht zu sehr darüber aufregen, denn so ist das Leben in einer Bar und man entscheidet sich dafür: Viele Männer trinken und sagen dummes Zeug, wenn sie betrunken sind. Als Frau weiß man, wie das läuft. Selbst wenn man nicht an der Bar arbeitet oder selbst wenn man etwas trägt, mit dem man wie ein wandelndes Stück Scheiße aussieht, Fremde machen einen immer an oder pfeifen einem hinterher.

Diese "soziale Norm" gilt auch an der Bar, das ist schon ewig so. Wahrscheinlich hat mir meine Mutter – die mir jetzt ab und zu im Laden aushilft – deshalb beigebracht, mir eine dicke Haut anzulegen und mir so etwas nicht zu Herzen zu nehmen. Trotzdem: Mit diesen Typen professionell umzugehen, ohne sie als Kunden zu verlieren, ist eine tägliche Herausforderung und erfordert Anmut, Klasse, Anstand, ein schlaues Köpfchen und eine gewisse Coolness.

Wir sind nur hier, um zu arbeiten und dein Geld zu kassieren. Das war's.

Es ist wirklich anstrengend. Um meinen weiblichen Angestellten, die sich damit rumschlagen müssen, also mehr Selbstbewusstsein zu geben, sage ich ihnen immer: "Denkt daran: Wir haben die Muschi, wir haben die Macht! Was wir sagen, wird gemacht." Und du kannst wetten, dass wir nach unserer Schicht über deine verzweifelten Anmachversuche lachen werden. Wir machen uns über dich lustig und du bist am Ende der Gelackmeierte. Ein Kompliment ist und bleibt ein Kompliment und das akzeptiere ich gerne, aber sobald du irgendwelche sexuellen Anspielungen machst, ist es kein Kompliment mehr.

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Vor Kurzem wurde mir und meiner Mutter klar, dass diese Generation der frauenverachteten alten Männer langsam ausstirbt und von einer Generation Millenials ersetzt wird, die gegenüber Frauen mehr Respekt haben.

Hier ein paar Tipps für dich, wenn du auch zu den Kerlen gehörst, die gern mal ein paar sexuelle Anspielungen fallen lassen oder Kellnerinnen anbaggern: Wenn du sexuell frustriert bist, dann masturbier doch bitte, bevor du in eine Bar gehst, und lass deinen Frust nicht an uns aus. Du wirkst dabei nur wie ein lechzender Idiot. Die meisten von uns sind in einer Beziehung. Du wirst unsere Handynummer nicht bekommen. Du wirst auch keine von uns flachlegen. So was passiert nur in Pornos.

Wir sind nur hier, um zu arbeiten und dein Geld zu kassieren. Das war's.

Dieses Interview wurde aus Platz- und Verständnisgründen redigiert.

Aufgezeichnet von Javier Cabral