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Genfood ist ok, Probiotika sind nutzlos und Gluten notwendig

Diesen Monat sind drei große Ernährungs-Mythen kräftig ins Wanken geraten
Studien des Monats: Probiotika sind nutzlos, Lebensmittel aus gentechnisch modifizierten Organismen (GMO) gesund und Gluten notwendig. Foto: Imago

Probiotika sind nutzlos, Lebensmittel aus gentechnisch modifizierten Organismen (GMO) gesund und Gluten notwendig—mit diesen neuesten Erkenntnisse wurden gerade drei große Ernährungsmythen über den Haufen geworfen—doch werden die Leute ihre Essensgewohnheiten deswegen jetzt ändern?

In den letzten zwei Wochen wurde eine ganze Reihe von Ernährungsstudien veröffentlicht, deren Ergebnisse entgegen den bisherigen Annahmen belegen, dass Probiotika nutzlos, GMOs harmlos sind, und eine glutenfreie Diät sogar schädlich sein kann, wenn man sie nicht aus gesundheitlichen Gründen halten muss. Einzig und allein der Grünkohl, das trendige Superfood-Gemüse, konnte sich gegen die neuesten Untersuchungen behaupten.

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„Es ist gut, dass es Studien gibt, die sich kritisch mit bestehenden Ernährungsweisheiten auseinandersetzen", sagte Arzt und Professor Dr. Yoni Freedhoff, der ein eigenes Ernährungs-Blog führt. „Doch ob diese Erkenntnisse tatsächlich Eingang in das Bewusstsein der Gesellschaft finden werden, bleibt abzuwarten. Ich vermute leider, dass es sehr viel Zeit und Überzeugungskraft in Anspruch nehmen wird, jahrzehntelang als wahr geltende Auffassungen über Nahrungsmittel, die angeblich Wunder wirken, zu verändern."

Die Bezeichnung „glutenfrei" hat sich in den letzten Jahren zu einem regelrechten Verkaufsschlager entwickelt: Bild: Imago

Alles begann vor etwa zwei Wochen, als eine Studie, die in der Zeitschrift Genome Medicine veröffentlicht wurde, die Annahme, dass probiotische Nahrungsmittel unser Immunsystem stärken, infrage stellte. Dänische Wissenschaftler überprüften systematisch sieben Studien, in denen die Auswirkungen von probiotischen Produkten wie beispielsweise Joghurt auf die bakterielle Zusammensetzung der Fäkalien gesunder Erwachsener erforscht worden war. Die Forscher fanden heraus, dass es keinerlei „überzeugende Beweise dafür gibt, dass Probiotika eine einheitliche Auswirkung auf die Zusammensetzung der Mikrobenflora gesunder Erwachsener haben."

Der nächste Ernährungs-Mythos, dem sich die Wissenschaftler annahmen, war die glutenfreie Diät. Die Gastroenterologin und Expertin für Zöliakie (eine Gluten-Unverträglichkeit), Dr. Norelle Rizkalla Reilly, überprüfte im Laufe ihres Projekts mehrere Annahmen über die Vorteile einer glutenfreien Diät. In dem Paper, das im Journal of Pediatrics veröffentlicht wurde, wird dargelegt, dass ein konsequenter Verzicht auf glutenhaltige Produkte sogar gesundheitsschädlich sein kann—außer man muss wegen einer Weizenallergie, Zöliakie oder einer anderen (von einem Arzt, und nicht Google festgestellten) Glutenunverträglichkeit auf seine Werte achten. Zu wenig Gluten könnte nämlich zu einem Vitamin- und Nährstoffmangel führen und uns sogar noch mehr Giftstoffen wie Arsen aussetzen (, welches oft über den Erdboden vom Reis, welcher wiederum eins der Grundnahrungsmittel der glutenfreien Diät darstellt, absorbiert wird).

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Kommen wir zu den GMOs: Ein bahnbrechender Bericht, der letzte Woche von der National Academy of Science veröffentlicht wurde, kommt zu dem Schluss, dass es keinen wissenschaftlichen Beweise dafür gibt, dass Genfood gesundheitsschädlich ist. Diese Erkenntnis kommt zu einer Zeit, in der gerade heftig über die Sicherheit von Genfood und darüber, ob es als solches gekennzeichnet werden sollte, diskutiert wird. Die Politik und das Geschäft rund um GMOs, inklusive Monsantos Patenten auf eigens entwickelte Saatgutsorten, sind aber natürlich nochmal eine ganz andere Geschichte.

Diese drei neuesten Erkenntnisse fordern die von sogenannten Ernährungs-Gurus und Stars wie beispielsweise Gwyneth Paltrow auf ihren Blogs verkündeten Ernährungstrends heraus. Man könnte also darauf hoffen, dass schlagzeilenträchtige Beweise aus der Wissenschaft manch einen dazu bringen könnten, seine Ernährungsgewohnheiten nochmal zu überdenken. Doch laut Freedhoff sei es sehr schwierig, Ernährungs-Mythen zu widerlegen. Denn trotz harter wissenschaftlicher Fakten werden einige Leute stets nach einem mysteriösen Weg zu einer besseren Gesundheit suchen.

Letzten Endes betrifft diese Besessenheit von bestimmten Ernährungsmitteln und -mythen aber nur einen Bruchteil der Bevölkerung, so Freedhoff.

„Den Luxus einer gesunden Ernährung können sich verständlicherweise nur die wenigsten leisten", erzählte er in einem Telefonat mit Motherboard. „Der Mehrheit der Menschen ist es total egal, ob ihr Essen gentechnisch manipuliert ist oder nicht. Viel wichtiger ist ihnen, dass ihre Familien genug zu essen haben und ihre Kinder satt und gesund sind."

Update: In einer früheren Version des Artikels wurde behauptet, dass Arsen im Produktionsprozess von Reis benutzt werden. Tatsächlich wird es aber bisweilen vom Reis über den Erdboden absorbiert. Wir bedauern diesen Fehler und haben den Artikel entsprechend aktualisiert.