Dieser Widerspruch hält aber Werbeagenturen, Trendbeobachter und überhaupt alle, die sich gern reden hören, keineswegs davon ab, unsere Generation zu verallgemeinern. Deswegen habe ich mir ein großes Ziel gesteckt: herauszufinden, was es eigentlich bedeutet, ein "Millennial" zu sein. Wie ich das schaffen will? Indem ich alle Klischees, die es zu meiner Generation gibt, auf einmal lebe.Mehr lesen: Ich habe komplett wahnsinnige Life-Hacks aus Frauenmagazinen getestet
Contouring
Meine Großeltern haben nicht die japanische Besatzung von Hongkong überlebt, nur damit sich ihre Enkelin später freiwillig mit einer scharfen Klinge im Gesicht herumwerkeln lässt. Deswegen ist meine Experimentierfreudigkeit von vorneherein etwas eingeschränkt. Laut einer Umfrage von Influenster, an der 5.000 Frauen teilnahmen, ist der beliebteste Beauty-Trend ohnehin ein anderer: Contouring."Es scheint, als hätten Millennial-Frauen keine Scheu vor Experimenten. Vom Contouring bis hin zum Microblading, sie haben alles schon probiert." – Influenster
Millennial-Pink
Ich habe keine Ahnung, was eine Farbe mit Geschlechterkram und skandinavischen Möbeltrends aus dem vorigen Jahrtausend zu tun hat. Aber Millennial-Pink schmeichelt mir optisch, finde ich. Leider dürfen Millennials nicht länger einfach eine Farbe "mögen". Trend-Agenturen würden schließlich pleitegehen, wenn sie nicht Beratungshonorare dafür kassieren könnten, dass sie unfassbar aufgebauschte Beobachtungen präsentieren.Meine 23-jährige Kollegin Lauren ist die offizielle Millennial-Beraterin für dieses Projekt und allein bei dem Gedanken, dass sie in den 90ern geboren wurde, wird mir ein wenig schlecht. Dafür weiß sie aber, warum Millennial-Pink gerade so abgeht: "Wahrscheinlich liegt es daran, dass die Gesellschaft uns wie Babys behandelt, also kehren wir zu den Farben unserer Kindheit zurück." Dann fügt sie hinzu: "Oder so."Meine Freundinnen besitzen genug pinke Klamotten, um mir ein perfektes Millennial-Outfit zu ermöglichen. Als Accessoires wähle ich eine pinke Gürteltasche von New Balance, einen pfirsichfarbenen Emoji-Anstecker und eine pinke Basecap mit einer französischen Bulldogge drauf. ("Das ist wahrscheinlich der millennialmäßigste Hund", informiert mich Lauren zuverlässig. "Sogar mehr noch als ein Mops.")"Das immer wieder gepostete und geteilte 'Millennial-Pink' ist das Aushängeschild dieser pinken Farbwelle. Das überlappt auch nahtlos mit einer der Farben des Jahres von Pantone, Rosenquarz. Dieser rosige Farbton umfasst die immer weiter verbreitete Botschaft der Geschlechtsneutralität, aber baut auch auf den beliebten, minimalistischen Skandi-Trend aus der Mitte des 20. Jahrhunderts." – WGSN
Avocados
Tim Gurner ist eigentlich ein australischer Grundstücksentwickler. In den Medien ist er allerdings eher für seine Kritik an Millennials bekannt, weil sie Geld für Avocados und Kaffee ausgeben statt Häuser zu kaufen, in Aktien zu investieren, die Umwelt zu zerstören und all die anderen Dinge, die Babyboomer so gut können.Ich persönlich habe in der unmittelbaren Nähe des Büros vier Avocados für 4,20 Euro gekauft. Und das in einem teuren Biomarkt, der die Avocados als "perfekt essreif und cremig" anpreist. Was sagst du jetzt, Tim Gurner?"Als ich mir mein erstes Haus gekauft habe, habe ich keine 19 Dollar für einen Avocado-Toast gezahlt und mir vier Becher Kaffee für jeweils 4 Dollar geleistet." – Tim Gurner
Fidget Spinner
Mein Versuch, das neue Spielzeug der Millennials zu erstehen, wirkt anfangs zum Scheitern verurteilt. Lauren hat mir gesagt, dass kleine Kiosk-Läden und Billigkram-Shops sie verkaufen, aber ich finde dort keine. "Alles ausverkauft", sagt ein Verkäufer mittleren Alters. "Aber ich hab' einen kaputten, wenn du magst." Er zieht das Teil hinter dem Tresen hervor.Eigentlich möchte ich mich weigern, mich einmal mehr von einem kapitalistischen Babyboomer übers Ohr hauen zu lassen, andererseits bin ich mittlerweile aber auch wirklich verzweifelt. Ich reiche ihm die zwei Euro und kehre mit meinem traurigen, fehlerhaften Fidget Spinner zurück ins Büro. Genau wie die Wirtschaft, die unsere Elterngeneration uns vermacht hat, ist er nur eine kaputte Hülle, die sich niemals komplett reparieren lassen wird. Und drehen tut er sich auch nicht sonderlich gut."Ob du sie liebst oder hasst, die sogenannten Fidget Spinner erobern gerade ihren Platz in der Popkultur. Sie sind das Jo-jo der Millennials." —Nerdist
Dann stoße ich auf einen Einhorn-Toast-Popup-Store."Nur einen Tag lang wird dieses Café gratis Einhorn-Toast verteilen. Diese trendige Kreation besteht aus natürlichen Lebensmittelfarben und Frischkäse", heißt es in der Pressemitteilung dazu. "Damit wollen wir feiern, dass die beliebte Brotscheibe auch eine Nährstoffbombe ist."Es gibt einfach nichts, das millennial-esker ist als der Versuch, Millennials mittels Einhorn-Toast Kohlenhydrate wieder schmackhaft zu machen. Das hier ist das Most Millennial Thing Ever. Ich glühe vor Freude, als ich Schlange stehe und auf mein kostenloses, glitzerndes Regenbogenbrot warte. Endlich ist es soweit: Das Tor zum Millennial-Leben wird sich mir auftun. Es wird wie purer Erfolg schmecken.OK, nein. Es schmeckt widerlich.Folgt Broadly bei Facebook, Twitter und Instagram.Mehr lesen: Ich bin fast 30 und habe eine Woche lang versucht, ein cooler Teenager zu sein