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Restaurant Confessionals

So ging ich mit dem Koch um, der in meinem Restaurant Meth nahm

Was tun, wenn der Koch auf der Toilette Crystal Meth raucht?
Photo via Flickr user Matthew

Willkommen zurück zu den Restaurant Confessionals, wo wir den Leuten aus der Gastronomie eine Stimme geben, die ansonsten viel zu selten zu Wort kommen. Hier erfährst du, was sich hinter den Kulissen in deinen Lieblingsrestaurants so alles abspielt. Dieses Mal erzählt uns ein Restaurantbesitzer, wie er herausfand, dass einer seiner besten Köche sein Drogenproblem in seinem Laden auslebte—und wie er die Situation sicher handelte.

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Als Erstes bemerkte ich die Stimmungsschwankungen.

In der Gastronomie ist es eine Sache, ein Burn-out zu bekommen, aber eine andere, immer zu spät zu kommen, immer Ausreden zu haben und wirklich extrem lange Toilettenpausen zu machen. Einer meiner Mitarbeiter ist bis zu zehn Mal am Tag 30 Minuten oder länger auf Klo verschwunden. Es war alles direkt vor meiner Nase. Als Besitzer eines kleinen Ladens bekommt man alles mit, was sich in den vier Wänden abspielt, die du im Schweiße deines Angesichts aufgebaut hast.

Und so bemerkt man eben auch, wenn einer der besten, zuverlässigsten Köche ein Drogenproblem entwickelt und versucht, es geheim zu halten.

Anfangs dachte ich noch, dass er einfach gerne lange mit Musik im Hintergrund kacken geht. Doch irgendwann wurden die Pausen länger und immer häufiger. Zuerst vertraute ich ihm und nahm nichts Schlimmes an: „Hey, vielleicht solltest du wegen deines Magens mal einen Arzt aufsuchen, das ist ja nicht normal." Eines Tages roch es dann auf der Toilette ziemlich komisch, nach Chemikalien, so ein Geruch kann aus keinem menschlichen Körper kommen. Da dachte ich das erste Mal, dass hier etwas faul sein muss.

Als ich tief versteckt in den Toilettenräumen irgendwann eines dieser umgebauten Dinger mit Resten drin fand, die nicht nach Marihuana aussahen, war es dann vorbei.

Ein weiterer Hinweis war, dass bestimmte alltägliche Restaurantutensilien auf mysteriöse Weise verschwunden waren, wenn ich Inventur machte, zum Beispiel bestimmte Gefäße, die man einfach umbauen kann, um Drogen drin zu rauchen. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass diese Person oft stundenlang einfach aus dem Restaurant verschwand, ohne jemandem Bescheid zu geben. Als ich tief versteckt in den Toilettenräumen irgendwann eines dieser umgebauten Dinger mit Resten drin fand, die nicht nach Marihuana aussahen, war es dann vorbei. Da war mir klar, dass er gehen müsste, egal wie wichtig er für mein Team war.

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Ich bin in einem rauen Umfeld aufgewachsen und habe einige Erfahrung mit Junkies. Daher wusste ich, dass ich strategisch vorgehen muss. Wenn jemand auf solchen Drogen ist, muss man echt aufpassen, wie man mit dieser Person umgeht. Wenn sie wissen, dass du von ihrer Sucht weißt, kann man nicht einschätzen, zu was sie fähig sind. Ich wurde schon von Drogensüchtigen beklaut, andere rasteten bei den kleinsten Dingen gegenüber meinen anderen Mitarbeitern aus. Verdammt, einige wären bestimmt fähig, mich umzubringen.

Als Erstes ließ ich das Rauchutensil verschwinden, damit er wusste, dass ihm jemand auf die Schliche gekommen war. Dann zeigten sich die ersten Anzeichen: Die Person wurde zunehmend paranoid und richtig schnippisch und leicht gereizt.Ich blieb trotzdem ruhig.Bei einem Meeting mit allen Mitarbeitern sagte ich, dass ich im Restaurant Drogenzubehör gefunden hätte und betonte noch mal, dass wir so etwas hier nicht tolerieren—ohne dabei jedoch mit dem Finger auf jemanden zu zeigen. Ich bot meine Hilfe an und machte noch mal klar, dass Sucht eine Krankheit ist und es sehr effektive Therapien gibt. Dadurch hoffte ich, dass er nicht noch paranoider wird, sondern stattdessen in sich selbst geht. Und dass ihm bewusst wird, dass ihm jemand helfen würde, wenn er wollte.

Danach kündigte der Mitarbeiter freiwillig und ich habe nie wieder etwas von ihm gehört.

Er war ein wichtiger Teil des Restaurants, er hatte alle Schlüssel. Es war echt schmerzhaft, ihn zu verlieren. Doch am Ende war es besser, ihn gehen zu lassen. Ein Restaurant ist kein Ort für Drogen wie Crystal Meth, egal wie stressig der Job auch sein mag. Und wenn man mal wirklich drüber nachdenkt: Ein wirklich loyaler Mitarbeiter würde das Restaurant nicht in solche Gefahren bringen und auf dem Klo Meth rauchen.

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Und vor allem tut nicht so, als würde nichts sein, wenn alle Zeichen darauf hindeuten. Ich kann euch sicher sagen, dass es dann für alle nur noch schlimmer wird.

Die ganze Sache einfach unter den Tisch fallen zu lassen wäre am einfachsten gewesen—so wie es viele andere Gastronomen machen. Der Betroffene würde immer noch seine täglichen Aufgaben erfüllen (die meisten zumindest) und früher kommen und länger bleiben als alle anderen. Doch wollte ich wirklich, dass jemand total zugedröhnt die Gerichte kocht, an denen ich so lange gearbeitet habe und die für mein Restaurant stehen?

Es gibt keine Entschuldigung für Drogenmissbrauch, niemals, selbst wenn es keinen direkten Einfluss auf deinen Laden hat. Wir alle wissen ja, dass die Gastronomie eine ziemlich harte Branche ist. Weil man zwei Küchenjobs gleichzeitig machen muss, um über die Runden zu kommen, entsteht ein riesiger Druck und die Leute drehen durch. Ein offenes Geheimnis, über das auch schon Anthony Bourdain und andere bekannte Köche oft gesprochen haben. Es ist eine Epidemie. Doch auch wenn es verständlich erscheinen mag, zu Drogen, Alkohol oder anderen Dingen zu greifen, um den Schmerz zu betäuben, nicht komplett durchzudrehen oder überhaupt wach zu bleiben, langfristig funktioniert das nie.

Falls andere Restaurantbesitzer, die bei ihrem Team eine gewisse Vermutung haben, diesen Text lesen: Passt auf! Zeigt nicht sofort mit dem Finger auf jemanden. Und vor allem tut nicht so, als würde nichts sein, wenn alle Zeichen darauf hindeuten. Ich kann euch sicher sagen, dass es dann für alle nur noch schlimmer wird. Denkt dran, dass jeder ersetzt werden kann. The show will go on, selbst wenn ihr einen eurer besten Mitarbeiter verliert.

Ich für meinen Teil habe sofort einen jüngeren, engagierteren Koch gefunden und es läuft besser als je zuvor.

Aufgezeichnet von Javier Cabral