Tarkan Bagci neben Büsten von Napoleon und Cäsar
Bild: Future Image, UIG, Cola Images/Imago | Collage: VICE
Menschen

Cäsar, Napoleon und Co.: Was uns Verbrecher der Vergangenheit über uns selbst lehren können

Tarkan Bagci ist Comedy-Autor, Podcaster und Moderator der Sendung 'Wissen macht Ah!'. In seiner Freizeit entspannt er mit Geschichten über Kriegsverbrecher.
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Entspannen mit … : Wie Menschen mit stressigem Alltag runterkommen

Im Fernsehen erklärt er Kindern die Welt. Früher war er Gag-Autor für Jan Böhmermann. Heute erzählt Tarkan Bagci in seinem Podcast Gefühlte Fakten vor allem lustigen Quatsch. Zusammen mit dem Autor Christian Huber redet er darin jede Woche über das Leben und die Dinge, die darin oft untergehen. 

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Wir haben ihn gefragt, wie er sich nach einem harten Arbeitstag entspannt. Und die Antwort ist brutal.


VICE: Was machst du, wenn du keine Lust mehr hast?
Tarkan Bagci:
Ich bin ein großer Fan von historischen Biographien. Vor allem Leute aus der späten römischen Republik und der frühen Kaiserzeit. 

Das heißt, du liest?
Na ja, wenn es sehr stressig ist und ich eine Auszeit brauche, ist mein Hirn so verbrannt, dass ich nicht mehr lesen kann. Dann höre ich Podcasts, meistens geschichtliche.

Was ist so spannend an Geschichte?
Politik in der späten römischen Republik liest sich wie eine Folge House of Cards. Oder wenn man sich die frühen amerikanischen Präsidenten anguckt, Andrew Jackson zum Beispiel. Da ist Trump dann plötzlich nichts Neues und Weltbewegendes mehr, sondern nur ein weiterer Kreis, den der Zirkel der Geschichte dreht. Und Geschichte ist brutal. Selbst die populärsten Leute wie Julius Cäsar sind eigentlich, Hand aufs Herz, alle Kriegsverbrecher. Gleichzeitig ist es schön zu sehen, dass die grundsätzlichen menschlichen Mechaniken vor 1.000 bis 10.000 Jahren die gleichen waren wie heute.

Der Ort, an dem Verbrecher ihre Macht missbrauchen, ist dein Rückzugsort?
Es beruhigt mich zu wissen: Damals war es auch schlimm, wenn nicht gar schlimmer als jetzt. Und wir sind im Grunde dieselben Wesen geblieben. Auch wenn Menschen glauben, dass die Welt, in der sie leben, die einzig richtige ist.

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Inwiefern?
Ein Beispiel: Es gab in der römischen Antike diesen Brauch, da haben irgendwelche Geistliche Jungfrauen abgestellt, um ein Feuer zu bewachen. Wenn das Feuer ausging, gab es Prügelstrafen und wenn sie ihre Jungfräuligkeit verloren, konnten sie lebendig begraben werden. What the Fuck? Das klingt nach etwas, was sich George R. R. Martin ausgedacht hat. Das war aber ein echter römischer Brauch.

Hast du Geschichte studiert?
Ich hatte es vor, weil ich als Comedy-Autor nicht alles auf eine Karte setzen wollte. Dann habe ich mich in eine Vorlesung gesetzt und es war die Hölle, es ging um die Sprache des Mittelalters. Ich dachte, das halte ich nicht aus und habe mich dann gegen das Studium entschieden. Das ist also reine Pseudo-Intellektualität auf meiner Seite.

Ist Geschichte nicht gleich Geschichte?
Wenn ich Geschichte sage, meine ich im Prinzip die Erzählung dahinter. Geschichte im Sinne von Star Wars oder Herr der Ringe.

Als würde man einen Roman lesen, der wirklich so ähnlich passiert sein könnte.
Wir wissen, wenn man ehrlich ist, sehr wenig Verlässliches über diese frühe Zeit der Römer. Aber was wir wissen, haben Historiker aufgeschrieben, hunderte Jahre nachdem die Leute gestorben waren, um die es ging. Und diese Historiker haben dann Geschichten erzählt, mit erstem Akt, zweitem Akt, Heldenreise und so weiter. Das lässt sich gut lesen.

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Welche Geschichte aus der Geschichte ist deine liebste?
Cäsar wurde als junger Mann mal von Piraten entführt, das war damals Gang und Gäbe. Die haben junge Adelige gekidnappt und dann Lösegeld erpresst. Aber Cäsar war so beeindruckend, dass er von den Piraten aufgenommen wurde. Er hat sogar dafür gesorgt, dass sie mehr Lösegeld verlangen, weil er überzeugt war, mehr wert zu sein. Er hat aber auch immer gesagt: Wenn ich hier rauskomme, dann werde ich euch jagen und alle kreuzigen. Na ja, er wurde befreit, hat sich eine Flotte organisiert, die Piraten gejagt und alle gekreuzigt.

Ein Bad Ass.
Oder Napoleon. Da kam eine Frau zu ihm ins Lager, die er beeindrucken wollte. Also beschloss er, ihr zu zeigen, wie die Kanonen funktionieren und ließ auf das gegnerische Lager schießen. Die Gegner schossen zurück und töteten mehrere von Napoleons Männern. Das hat ihn sein Leben lang beschäftigt.

Männer waren einfach immer schon toxische Trottel.
Die Frau ließ sich davon aber sowieso nicht beeindrucken. Sie ist danach zurück zu ihrem Mann gegangen. Toxische Männer trifft man sehr häufig in der Geschichte.

Gibt es eine geschichtliche Figur, mit der du dich identifizieren kannst?
Ich finde Figuren dann spannend, wenn ich ihre Motivation nachvollziehen kann. Marcus Licinius Crassus etwa war der reichste Mann Roms. Und ganz schön gerissen.

Warum?
Er hat als erster eine Feuerwehr aufgebaut. Dann hat er Häuser anzünden lassen und den Besitzern für wenig Geld abgekauft: Entweder du nimmst diesen winzigen Betrag und ich lösche das Haus, oder du besitzt in 20 Minuten nur noch einen Haufen Asche.

Und was kannst du daran nachvollziehen?
Trotz seines unfassbaren Reichtums war er politisch und militärisch nicht besonders hoch angesehen. Also hat er eine riesige Armee ausgehoben, ist damit in den Krieg gegen die Parther nach Asien gezogen, hat aber verloren und wurde während der Kapitulationsverhandlungen massakriert. Danach sprach man in Rom in Bezug auf den Feldzug jahrhundertelang nur noch von der großen Schande.

Der Arme.
Crassus' Geltungssucht zieht sich durch seine Biografie und so meint man, dass sein Ende bereits im Anfang angelegt ist. Das liest sich wie eine Parabel, eine Warnung. Ich kann mich nicht mit den Figuren aus der Geschichte identifizieren, aber jede Menge für mich rausziehen.

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