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Dieser Typ ist der berühmteste Trump-Wähler Deutschlands und sein Burgerladen geht deshalb pleite

"In den drei Tagen nach dem Muslim-Ban hatte ich nur sechs Kunden.“
Foto: Alexandra Roth

Neuerdings schnippelt Nicholas Smith, 29, wieder selbst Zwiebeln in seinem Burgerladen in Essen. Eigentlich hat er einen Angestellten, der das erledigt. Und es ist nicht so, dass er als Chef einspringen muss, weil der Laden so voll ist – im Gegenteil, Smith klagt über Besucherschwund. "Aber die Fernsehteams mögen es, mich beim Kochen zu filmen."

Smith stand schon für SAT1, ZDF, RTL, N-TV24 und das ARD Mittagsmagazin vor der Kamera, er hat der Bild, WAZ, Rheinischen Post, Focus und 1Live Interviews gegeben. Smith ist kein Experte und er hat nichts Außergewöhnliches geleistet. Alles, was er getan hat: Er hat Trump gewählt. Und er steht dazu.

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Nachdem Dschungelkönig Marc Terenzi nun offenbarte, er hätte sich versehentlich als Trump-Wähler geoutet, aber eigentlich nur die Frage falsch verstanden, ist Nicholas nun wieder der berühmteste Unterstützer des US-Präsidenten in Deutschland. "Man könnte fast denken, ich sei der einzige", sagt er. "Nur einmal habe ich im Fernsehen noch so einen Amerikaner aus Bayern gesehen."

Er passt er nicht in das Klischee eines Trump-Unterstützers: Nicolas ist schwul, spricht drei Sprachen, studierte Global Studies auf einem College in Kalifornien und stimmte bei den beiden letzten beiden Wahlen für Obama. Trump unterstütze er nun, weil der ein normaler Mensch sei, der normale Menschen anspreche. Und wegen der Steuersenkungen: "Als Geschäftsmann ist mir das wichtig, falls ich wieder in die USA zurückgehe."

Vor sechs Jahren kam Nicholas nach Deutschland, um als Englischlehrer zu arbeiten, und eröffnete vor anderthalb Jahren das Gringos – ein kleines Restaurant mit Holzbänken und einer Glasfront, das Burger und Tacos serviert.

Tacos gibt es jetzt nur montags. "Die Gäste sagen oft: 'Dass ausgerechnet du mexikanisches Essen servierst!'", sagt Nicholas. "Viele Stammgäste kommen gar nicht mehr. Rüttenscheid – der Bezirk, wo mein Laden steht – ist hip und super linksliberal, viele waren angepisst."

Bis Trumps Amtsübernahme hielt sich die Zahl der Boykottierer noch die Waage mit den Neukunden, die in seinen Laden kamen, weil sie Nicholas im Fernsehen gesehen hatten. In der Wahlnacht sei das Gringos sogar brechend voll gewesen. Doch das änderte sich: "In den drei Tagen nach dem Muslim-Ban hatte ich nur sechs Kunden", sagt er. Wenn die Flaute so weitergehe, müsse er in die USA zurück.

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"Jedes Mal, wenn Menschen von Trump angepisst sind, werde ich dafür bestraft", sagt Nicholas. "Aber ich bereue nichts. Es ist mir wichtig, zu seiner Meinung zu stehen." Die Hass-Mails, die Entfreundungen auf Facebook, die Kunden, die nicht mehr kommen – das sei es ihm wert gewesen. Hitzige politische Diskussionen sei er gewohnt: "Mein Vater und seine Familie sind sehr liberal, meine Mutter und ihre Verwandten konservativ."

Nicholas' Karriere als Trump-Versteher begann, als er in der Talkshow von Maybrit Illner für Trump warb, weil der den  Bruch mit dem Washingtoner Establishment verkörperte. Seitdem scheint es fast, als sei Nicholas kein Gastronom, der Trump unterstützt, sondern ein beruflicher Trump-Unterstützer, der gelegentlich Zwiebeln für die Kamerateams schnippelt. Er hat sich eine Facebook-Seite als "Person des öffentlichen Lebens" eingerichtet, auf der er seine Medientermine bekannt gibt, Artikel der rechtspopulistischen Seite Breitbart.com teilt. Jeden Tag gibt er Interviews. Am Valentinstag postete er Trump-Liebesgrüße.

Dass Journalisten sich derart auf Nicholas stürzen, hat wahrscheinlich weniger mit seiner Person zu tun als mit dem Mangel an bekennenden Trump-Unterstützern in Deutschland.

Dass Gastronome mit ihrer politischen Meinung Schlagzeilen machen, ist nichts Neues: Billy Wagner, Chef des Berliner Restaurants Nobelhard&Schmutzig wurde für Dutzende Interviews angefragt, nachdem er mit einem Sticker deutlich machte, dass AfD-Wähler in seinem Laden nicht willkommen seien. Der Münchner Gastronom Florian Gleibs wurde deutschlandweit bekannt, weil sein israelisches Restaurant Schmock mit Kampagnen provozierte. Mit Slogans wie "Deutsche, esst bei Juden" und den "IS-freien Wochen" ­– bis es wegen antisemitischen Drohungen schließen musste.

Im Fall von Nicholas Smith wird man dennoch das Gefühl nicht los, dass er mit den Geschichten über den Boykott seines Ladens das Medieninteresse an seiner Person aufrecht erhalten will. "Lass dich nicht beirren", schreibt eine Frau auf seiner Seite. "Mach es wie Trump: Thumbs up and go on, die Aufmerksamkeit hast du schon, und das ist der erste Erfolg." Sich als Außenseiter zu verkaufen, war auch die Wahlkampf-Strategie des US-Präsidenten.

Auch wenn niemand mehr Nicholas' Burger will, die Marke "Nicholas Smith" verkauft sich hervorragend. "Schau dir morgen SAT1 Frühstücksfernsehen und ProSieben taff an!!", schreibt er auf seiner Facebook-Seite.

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