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Londoner Honig—Ist Honig aus der Großstadt verunreinigt?

Großstädter versuchen wieder eine Verbindung zur Natur herzustellen, die zwischen den kalten Betonbauten oft verloren gegangen ist. Das hat viele zum Imkern inspiriert: In den letzten fünf Jahren hat sich die Zahl der Bienenstöcke in London beinahe...
Photo via Flickr user kumaravel

In den letzten fünf Jahren hat sich laut Mark Patterson von der London Beekeepers' Association (LBKA) die Zahl der Bienenstöcke in London beinahe verdoppelt. Somit sind die Produktionszahlen von leckerem, hyperregional produziertem Honig gestiegen, gleichzeitig aber auch die Zahl an beunruhigten Bewohnern, die sich von den Bienenschwärmen im Sommer bedroht fühlen (mehr dazu später). Laut der National Bee Unit (NBU), die ein Verzeichnis von Imkern und Standorten von Bienenhäusern verwaltet, gibt es in London derzeit um die 1.400 Imker und ungefähr 4.000 Bienenvölker. Diese Zahlen seien aber ungenau, stellt Patterson klar, weil die Registrierung freiwillig ist. Er schätzt, dass nur 75 Prozent der Imker registriert sind. Und in der nächsten Zeit rechnet die NBU damit, dass die Zahl der Bienenstöcke um 11 Prozent pro Quartal steigen wird.

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Patterson sieht den Grund für das rasante Wachstum der Londoner Imkerszene im Wunsch der Großstädter, eine Verbindung zur Natur herzustellen, zu einer heilen Welt.

„Die Imkerei bietet uns eine Möglichkeit, mit der Natur auf eine sehr intime Art und Weise in Verbindung zu treten. Auch in der Großtadt", sagt er.

Auf den ersten Blick scheint London mit seinen 61 Prozent Grünfläche günstige Bedingungen für die Bienenzucht zu bieten. Da aber nektarreiche, bestäubende Pflanzen als Futter für die Bienen benötigt werden, sind nicht alle ideal für die immer größer werdende Zahl an Bienen, so Patterson.

„Der englische Rasen der Stadt ist nichts als eine grüne Wüste", schreibt er in einem Bericht. Viele Bäume sind steril, sie blühen nicht und tragen deshalb keinen Nektar. Und weil die Bienenbevölkerung schneller wächst als Londons brauchbare Grünflächen, haben die flatternden Tiere vielleicht schon bald nichts mehr zu naschen. Was aber deren Zahl auf natürliche Weise eindämmt und eine mögliche Bienenplage unrealistisch macht.

„In manchen Gegenden der Stadt haben wir bereits den Sättigungspunkt erreicht", schreibt er in seinem Bericht.

Nichtsdestotrotz spricht einiges für die städtische Imkerei in London.

Obwohl es zwar vielleicht nicht genug Futter gibt, ist das Futter, das ihnen zur Verfügung steht, einzigartig und besonders unberührt.

In den ländlichen Gegenden sammeln die Bienen den Nektar von landwirtschaftlichen Nutzpflanzen, die oft mit Pestiziden behandelt werden, was den Honig verunreinigt. Honig aus der Großstadt ist vielleicht sogar die natürlichere und sicherere Wahl. Und er schmeckt großartig.

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„Das einzigartige Mikroklima der Stadt—die Mischung aus heimischen und exotischen Pflanzen—sorgt für ein komplexes Geschmacksprofil des Honigs und dank Londons Limettenbäumen schmeckt er leicht zitronig."

Die größte Herausforderung der Bienenzucht in einer Großstadt ist, einen Platz für die Bienenstöcke zu finden, sagt Patterson. Auch da bietet London mit seinen vielen Hausdächern und Dachterrassen ideale Ecken für kleine bis mittelgroße Bienenstöcke.

Ein großes Problem für die städtischen Imker ist jedoch der Ertrag. Ländliche Bienen produzieren vielleicht verunreinigten Honig, aber dafür umso mehr.

„Unser Honigertrag liegt meistens 30 Prozent unter dem landesweiten Durchschnitt", sagt er. „London hat seit Jahren die niedrigsten Honigerträge." Auf der anderen Seite können die Produzenten umso mehr dafür verlangen, wenn das Produkt rar ist.

„Jedes Jahr bekommen wir mehr Anfragen für Honig", sagt Patterson. „Der Preis für ein normales 500 g-Glas ist in den letzten fünf Jahren von sechs [7,70 Euro] auf zwölf Pfund [15,40 Euro] gestiegen."

Obwohl die Londoner Imkerszene in den letzten Jahren viel Zuspruch gefunden hat, sind die urbanen Bienenstöcke ziemlich unbeliebt. Besonders im Mai, wenn das Bienenvolk ausschwärmt. Dann trennt sich die Bienenkönigin mit einem Drittel ihres Stocks vom Rest, um einen neuen Nistplatz zu finden. In der Londoner Innenstadt kann das dann auch mal das Schaufenster von Topshop sein. „Die Kontrolle des Schwarmtriebs ist eine große Herausforderung", sagt Patterson. „Die Schwärme können immerhin Panik und Chaos auslösen."

Der romantische Wunsch zurück zur Natur hat eben auch einen Stachel.