Der legendäre Waffenhersteller, der auch Tellerwäscher ist

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Der legendäre Waffenhersteller, der auch Tellerwäscher ist

Seine Waffendesigns können um bis zu 55.000 Euro pro Spezialanfertigung kosten, trotzdem arbeitet der legendäre Waffenhersteller El Gorupo zum Ausgleich als Tellerwäscher in den mexikanischen Restaurants seiner Familie, wo mit die besten Tacos von Fort...

Wenn er entweder zu Hause sitzen oder einen Planwagen in den Griff eines Winchester-Gewehrs in seiner Castelan Designs-Werkstatt in Fort Worth, Texas, gravieren könnte,würde sich Arturo „El Gorupo" Rojas für Letzteres entscheiden. „Ich arbeite lieber", sagt der rundliche 73-Jährige mit Moustache, der ursprünglich aus Yurécuaro im mexikanischen Bundesstaat Michoacán stammt. „Es gibt immer etwas zu tun und zu lernen."

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Etwas anderes kennt er nicht. El Gorupo, der seinen Spitznamen bei seiner Geburt bekam, weil er sehr klein und weiß wie eine Vogelmilbe (gorupo) war, fing mit 12 Jahren an, Waffen im mexikanischen Rollwerkstil zu gravieren. Das brachte ihm sein Bruder Regino bei, von dem ein kopiertes, ausgeschnittenes Porträt an einer Gebetskerze, die auf seinem Arbeitstisch steht, befestigt ist. Gorupos Sohn, Regino „Gino" Rojas eröffnete 2011 den Waffenladen, kurz nachdem die Familie nach Texas gezogen war.

Mit Castelan Designs kann Gorupo seine Kunst auf seine eigene Art umsetzen—mit seinen eignen Händen.

Seine Arbeit bescherte ihm Kunden aus entfernten Orten wie Australien und Laufkundschaft, die wegen seines Rufs für präzise blumige Kunst mit antiken Stücken zu ihm kommt. Mitglieder einer Bikergang mit 1%er-Aufnähern beauftragten Gorupo, die Pistole ihres Anführers zu gravieren, sagt Gino. „Sie waren supernett. Sehr respektvoll."

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Ein Projekt kann bis zur Fertigstellung schon einmal zwei Wochen dauern, aber die Arbeitszeiten sind unregelmäßig. „Ich arbeite dann, wenn mich die Inspiration überkommt", sagt er. Das Ergebnis dieser Inspiration bring ihm für den Griff eines Single-Action Colt Army mit einem texanischen Longhorn-Stier und einem burmesischen Rubin 2.600 Dollar [2375 Euro] ein, oder 60.000 Dollar [ca. 55.000 Euro] für eine Spezialanfertigung. An dem Tag, an dem ich seinen Laden besuche, arbeitet Garupo an einer AK-47, die zu einem Scharfschützengewehr umgebaut wurde.

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Hinter Vitrinen befinden sich Goldplatten, Drähte, Waffengriffe, Revolver und Stecheisen sowie Klopfhölzer, die El Gorupo selbst hergestellt hat. In einer Ecke steht ein elektrischer Herd mit zwei Platten—seine Küche. „Ich koche alles. Bistec, caldo de pollo, carnitas", erklärt Gorupo. „Alles."

„Er würde hier schlafen, wenn er könnte", fügt Gino hinzu. El Gorupo nickt still und wechselt dann das Thema.

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„Bist du verheiratet?", fragt mich der ältere Rojas. „Ja", antworte ich und zeige ihm ein Bild meiner Frau. Gorupo lächelt und reicht mir ein winzig kleines Paket, das durch blaues Tape zusammengehalten wird. „Für deine Frau", sagt er in verhaltenem, affektiertem Englisch, obwohl wir uns den ganzen Vormittag auf Spanisch unterhalten hatten. Darin befindet sich ein Paar goldene Ohrringe, die er während unseres Gesprächs angefertigt hatte. Keiner hatte es bemerkt. Gorupo bastelt ständig herum. Er schafft mit seinen Händen immer irgendetwas, ob er einen Widderkopf in eine Waffe graviert oder neue Designs auf einer Gürtelschnalle ausprobiert.

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Für viele mag es eine Überraschung sein, dass El Gorupo nicht nur Waffen verziert, sondern auch als Tellerwäscher in zwei mexikanischen Restaurants in Fort Worth, der Revolver Taco Lounge und dem Campestre Chula Vista, arbeitet, die beide Gino gehören.

Revolver, das 2012 eröffnete, ist ein modernes Lokal mit einem Folk-Touch. Mexikanische Teufelsmasken hängen neben einer Collage, die die Wörter „Aqui no tenemos pinche nachos" („Wir haben hier keine verdammten Nachos") bildet. Wachstücher mit Blumenmuster liegen über weißen Tischtüchern. bedeckten die Tische. Aus den Lautsprechern tönt Elektro, es gibt rauchendes Ceviche und birria mit Ziegenfleisch quasi aus dem eigenen Garten.

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Es gibt außerdem ganz frische Maistortillas, die so heiß sind, dass man sich daran fast die Finger verbrennt. Warte. Warte, wie auf das Relleno, eine Blutwurst aus Rinderinnereien und Schweineblut. Warte, wie auf die Tacos de Huitlacoche, leckere kleine Pakete mit dem nussigen schwarz-bläulichen mexikanischen Trüffel, der auch als Maisbeulenbrand bekannt ist.

Dieses Essen braucht eben Zeit.

Hinter der halben Wand, die die Küche vom Speiseraum abtrennt, tickt die Uhr anders. Ginos Tante, Tia Tere, ist für die frischen Tortillas verantwortlich. Juanita, Ginos Mutter, ist die Chefköchin, und ihre beiden Töchter Maria und Chelo sind ihre Gehilfinnen. Juanita ist für die Spezialitäten des Restaurants verantwortlich: birria, mole, und weichgekochtes Ei in einem von Teres Tortillas. Kein Taco-Special hat mir je mehr die Sprache verschlagen, und keines war klebriger.

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Weiter hinten in der Küche steht Ginos Vater in einer Mütze und einer Schürze und wäscht still die Teller, auf der die mole oder der gegrillte japanische Schnapper seiner Frau serviert wurden. Gelegentlich schaut er kurz hoch, wenn jemand eine Bestellung in die Küche ruft oder um kurz zu schauen, was im kleinen Speiseraum vor sich geht.

Ein Colt 1863 Navy .44 Kaliber mit Gorupos Gravur steht zwischen Flaschen von Spirituosen aus Agave über der Bar und an der Wand hängt ein Bild von Pistolen. Von Namen bis hin zur Einrichtung findet man überall Hinweise auf den Familienbetrieb.

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Ein Wandbild von vaqueros im Campestre Chula Vista, Ginos zweitem Restaurant, das 2015 eröffnete, ist der einzige Hinweis auf das künstlerische Erbe des Clans. Hier ist die Spezialität rustikales mexikanisches Essen—Platten mit geschmortem Schweinefleisch in einer Tomatillo-Chile de árbol-Sauce, Bohnenmus, gelbem Reis und verschiedenen Steak-Optionen, serviert im im Hacienda Vista Hermosa, eine rosa-blauen Anlage mit Ausblick über Fort Worth.

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Beim Sonntagsbüffet steht Gorupo hinter großen Kupfertöpfen, cazos, am Ende der Warteschlange auf der schwarzen Terrasse des Restaurants. In den Gefäßen schwimmt Schweinefleisch, das zu carnitas verarbeitet wird. Die älteren Rojas passen schon Stunden bevor die ersten Kunden auftauchen auf das Fleisch auf. Es ist knusprig, leicht süß und wird mit Tortillas ohne Besteck serviert. Hier wird mit den Händen gegessen.

Gorupo wollte eigentlich gar nicht nach Texas ziehen, aber als ich ihn frage, ob ihm Mexiko lieber ist als die USA, gibt er zu, dass es ihm egal ist, wo er arbeitet. „Es ist nicht wichtig", sagt er, als er einen dreckigen Teller in die kleine Küche im Revolver trägt. „Kunst kennt keine Grenzen. Solange ich etwas zu tun habe und weiterhin üben kann, bin ich glücklich."