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Die dümmsten Reaktionen zum Edelweisshemd-Eklat

Wenn Solidarität und Stolz mit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit verwechselt werden.
Foto: Flickr

Zehn Schüler in Edelweiss-Hemden sorgen für Aufsehen. Nach wiederholten Schwierigkeiten zwischen Schweizern und Schülern mit Migrationshintergrund erschienen zehn Jugendliche im Traditionshemd zum Unterricht. Die Lehrerin forderte daraufhin zum Kleiderwechsel auf. Das Schwinger-Outfit sei rassistisch und ausländerfeindlich.

Einen gefühlten Atemzug später reagierte die Medienwelt, woraufhin selbsternannte Solidaritäts-Patrioten quer durchs Land brüllten, stolze Schweizer sollten sich auch zeigen dürfen. Auch die Junge SVP ist sofort zur Stelle und versucht aufs Neue jedes bisschen Schweizer Identität an sich zu reissen. Sie fordert in einem Facebook-Posting mit über 2'500 Shares Schweizer Schüler dazu auf, sich gegen „diesen unhaltbaren Schweizerhass" zu wehren.

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Genau jene Junge SVP, die letztes Jahr „unziemliche Kleidung" wie Miniröcke und Hotpants an Schulen verbieten lassen wollte. Das Problem ist nur: Edelweiss-Hemden sind nicht die Schweiz und haben nichts mit Politik am Hut—es sei denn, Populisten versuchen sie auszuschlachten. Gehören sie wenigstens zu unserer Kultur? Bedingt. Kaum ein Stadtmensch wird je solch ein Hemd getragen haben oder kennt den Hintergrund dieser Hemden. Eine gesunde Portion Swissness darf nicht zum Symbol von Angst und Hass verkommen. Der Dummheitsgrad der folgenden Kommentare bezieht sich übrigens nicht auf die Rechtschreibung.

HÄTTE DIE SVP NICHT BESSER PLANEN KÖNNEN

Screenshot: 20 Minuten Kommentare

Falls es noch nicht klar sein sollte: Genau darum—wer in der Schweiz das Sagen hat oder was Ausländer bestimmen—geht es hier eben nicht. Doch offenbart die Thematik ein anscheinend tiefergehendes Rassismusproblem. Anders lässt sich nicht erklären, wieso dieser unglückliche Kommentar so viele Likes auf 20 Minuten erhalten hat.

KATEGORIE: THEMA NICHT VERSTANDEN, ABER TROTZDEM WÜTEND

Screenshot: 20 Minuten Kommentare

Es geht nicht um die Kleidung junger Schweizer per se—zu keinem Zeitpunkt. Diese Schüler hätten an zig beliebigen Tagen problemlos im roten T-Shirt mit weissem Kreuz zur Schule kommen können. Problematisch wird's, wenn zehn Stück gleichzeitig Edelweiss-Hemden als Uniformen benutzen. Die Provokation und das klare Statement dahinter, sind der Grund für die Reaktion der Lehrerin. Nicht das Edelweisshemd.

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Screenshot: Facebook

Danke für diese Sinnfreiheit! Schmeisst die Lehrerin raus, die darauf reagiert, was ihre Schüler machen. Dass die Reaktion dabei übers Ziel hinausgeschossen ist, gab die Schule bereits mehrfach zu verstehen. Natürlich dürfen Schüler im Edelweisshemd am Unterricht teilnehmen, doch tauchen zehn Schüler nicht ohne Grund als Schwinger verkleidet zum Unterricht auf.

Screenshot: 20 Minuten Kommentare

Mein persönlicher Favorit der Dummheit: Leute, die Angst davor haben, dass irgendwelche imaginären Ausländer ihnen etwas wegnehmen wollen, dass es so gar nicht gibt. Kein Ausländer will dir deinen Stolz und dein Schweizer-Sein wegnehmen—auch nicht dein Edelweisshemd oder den verdammten Schneemann.

WENN POLITIKER SICH EINMISCHEN

Screenshot: Twitter

Für die Letzten, die denken, so etwas würde von der Politik nicht sofort instrumentalisiert werden. SVP-Kantonsrat Claudio Schmid nutzt die Gunst der Stunde und schon ist es passiert: Das Edelweiss wird politisch und zum Zeichen für Fremdenfeindlichkeit zweckentfremdet. Dabei sagte die Erfinderin der Edelweiss-Hemden selbst, ihre Schwingerhömli seien ganz sicher kein Propagandawerkzeug: „Schade, dass man unser Hemd missbraucht."

DAS FAZIT

Wenn zehn pubertierende Sekundarschüler die Tragweite einer solchen Aktion nicht begreifen können, ist das eine Sache. Wenn Solidarität und Stolz mit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit verwechselt werden und ein Traditionshemd zur Uniform verkommt, haben wir ein viel grösseres Problem, als zehn Jugendliche in Edelweiss-Hemden. Denn genau erst durch solche Reaktionen wird das Sennenhemd zur Ausländerfeindlichkeit instrumentalisiert.

Ivan auf Twitter: @iiivanmarkovic

Vice Schweiz auf Twitter: @ViceSwitzerland


Titelbild: Kanton Glarus | Flickr | CC BY 2.0