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Dieser Typ geht auf Weltreise und lässt die Crowd dafür zahlen

Durch Crowdfunding verwirklichen andere Leute eure Träume. Wir haben so einen Menschen getroffen.

Fotos: Slavek Kral

Also, liebe Crowd, ich wünsche mir einen Ford Mustang und eine eigene Wohnung und ein Pony. Zahlst du mir das, bitte? Im Ernst: Hinter Crowdfunding steht eigentlich eine schöne Idee. Da ist ein Projekt, das alle haben wollen oder alle gut finden. Vielleicht das neue Album einer Band, oder Rettungsboote für Flüchtlinge, oder einen Weltraumporno. Dann zahlt die anonyme Masse, bis das Projekt realisiert werden kann.

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Auf Plattformen wie GoFundMe geht es oft schlicht um schnelle Hilfe: eine Knochenmarkstransplantation für ein ukrainisches Mädchen, neue Anziehsachen für die Familie nach einem Hausbrand. Manchmal nimmt Crowdfunding aber auch ziemlich komische Ausmaße an. Wenn sich zum Beispiel ein 67-Jähriger Berliner die Reise zum Burning Man finanzieren lassen will. Oder Peppe und Min Min ach so gern Flitterwochen in Japan machen möchten.

Irgendwo dazwischen liegen die Weltverbesserer, die fast ohne (eigenes) Geld den Planeten bereisen und unterwegs Hoffnung und gute Vibes versprühen. Die fahren dann dank eurer Unterstützung mit dem Fahrrad durch China oder kraulen Elefantenbabys beim Freiwilligendienst in Kenia. Danach veranstalten sie vielleicht einen Diavortrag in deiner lokalen Stadthalle. Es ist ein bisschen so, als ob du sie dafür bezahlst, dass sie deine Träume ausleben. So einer ist Slavek Kral.

Seit fast fünf Jahren ist Slavek immer nur für wenige Wochen im Sommer zu Hause. Er hat angefangen zu backpacken, weil er sich nach dem Studium nicht auf die Mühle aus Job und trautem Heim einlassen wollte. Für seine Weltreise (es ist schon seine zweite) sammelt er derzeit Geld auf Indiegogo. Er plant, über Land von Asien nach Europa zu trampen. Wir haben den 29-Jährigen gefragt, wie man die Crowd dazu bekommt, den Schotter locker zu machen. Und ob er dabei nicht auch ein schlechtes Gewissen hat, so ein bisschen.

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VICE: Hallo Slavek. Wo bist du gerade?
Slavek Kral: Ich bin in Seoul, Südkorea. Derzeit couchsurfe ich, bin also zu Hause in der Wohnung. Heute habe ich nichts Besonderes gemacht, nur ein bisschen Homeoffice, E-Mails schreiben, nach einem Job suchen, sowas.

Du hast auch einen Sponsor. Was bekommst du von dem?
Das ist ein Programm von "Pilsen, Europäische Kulturhauptstadt 2015". Sie promoten mich und ich sie auf meinem Blog. Sie kooperieren auch mit einem Kleidergeschäft, von denen habe ich Jacken, Socken, Cappies und ähnliches bekommen. Und ich mache Fotos: Ich habe so ein kleines Maskottchen von Pilsen 2015, Igracek heißt es. Das fotografiere ich vor Sehenswürdigkeiten. Und am Ende wird es eine Ausstellung geben. Aber ich suche auch noch weitere Sponsoren.

Igracek vor Haus mit Skulptur in Südkorea

Wie viel hoffst du, durch die Crowd einzunehmen?
Bis jetzt 505 Pfund (etwa 641 Euro). Aber mir geht es nicht so sehr ums Geld. Die Hauptidee ist, dass die Leute das teilen und ich berühmter werde. Ich will Menschen motivieren, selbst zu reisen. Trotzdem hilft mir jeder Pesos, jeder Euro, jedes Pfund weiter. Mein Plan war, hier in Südkorea zu arbeiten. Aber das hat nicht so gut geklappt, und jetzt habe ich nur noch wenig Zeit, zu arbeiten und zu sparen. 15.000 Kilometer liegen noch vor mir. Und ich habe meiner Mutter versprochen, dass ich im August wieder in Tschechien bin.

Also war der Jobmangel auch ein Grund dafür, wieso du dich crowdfunden lässt?
Ja.

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Wie weit kommst du mit 505 Pfund?
Normalerweise trampe ich den ganzen Weg. Aber zwischen hier und Tschechien liegen Orte, durch die man nicht gut reisen kann, wie Pakistan. Deshalb muss ich manchmal fliegen, nur sind die Tickets nicht gerade billig. Dafür werde ich etwa die Hälfte ausgeben. Mit dem Rest kann ich den Trip easy schaffen. Ich brauche ja nur etwas zu essen.

Igracek am Strand von Rio

Und wenn du mehr einnimmst?
Ich werde den Trip so oder so zu Ende bringen, ich komme schon nach Hause. Die Frage ist nur, wie. Wenn ich mehr Geld habe, kann ich länger in Nepal bleiben und zum Beispiel eine zweiwöchige Wanderung durch die Himalayas machen. Das ist nämlich ziemlich teuer. Oder ich könnte mir noch den Taj Mahal anschauen. Je weniger Geld ich zusammenbekomme, desto schwerer kann ich solche Dinge tun. Ich würde immer noch Nepal durchreisen, aber würde eben nichts sehen. Das wäre schon schade.

Wie soll das, was du tust, andere Leute inspirieren?
Vor allem, indem ich von meinen Erfahrungen berichte. Viele sagen: Ich würde so gern dasselbe machen wie du! Also warum tust du es nicht? Man hat viel zu viele Ausreden. Ich habe auch kein Geld, und schaffe es trotzdem.

Aber wenn jeder das machen würde, wer wäre dann noch da, um zu crowdfunden?
Das Crowdfunden und die Art Reisen, die ich mache, kann nicht jeder machen. Du brauchst eine höhere Idee. Die Leute geben dir kein Geld für deinen Italienurlaub.

Nein, Igracek, was tust du da?!

Bekommst du negative Reaktionen? Zum Beispiel, dass Leute sagen: Wieso sollte ich deinen Urlaub finanzieren?
Ich habe bis jetzt keine bösen Kommentare bekommen. Aber sehr wahrscheinlich denken das viele Leute. Ich habe schon Freunde angeschrieben und sie gebeten, meine Kampagne zu teilen. Aber da kam nicht mal eine Antwort. Dabei ist es eben kein Urlaub. Es ist nicht einfach, so zu reisen wie ich. Ich lebe komplett aus dem Rucksack. Muss die Visa organisieren, gehe oft zu Fuß. Manchmal ist es heiß, manchmal zu kalt. Das kann sehr anstrengend sein. Vor allem, wenn du vielleicht nur ein paar Stunden gecampt hast und schon wieder weiter musst.

Wieso tust du es dann?
Weil ich es liebe! Ich lebe meinen Traum.

Hast du manchmal trotzdem ein schlechtes Gewissen?
Nein, denn die Leute bekommen ja auch etwas für ihre Unterstützung. Je nachdem, wie viel jemand spendet, bekommt er Postkarten oder Englischunterricht, Tickets zu den Vorträgen, die ich in Tschechien halten werde. Sie bezahlen nur eben jetzt schon den Eintritt. Die Unterstützer können mich auch buchen, zum Beispiel für Vorträge in Firmen.

Teil doch mal eine deiner Geschichten mit uns.
Mitten in der Wüste zwischen Chile und Argentinien kam ich nicht mit Trampen weiter. Also musste ich dort übernachten. Am Straßenrand stand eine Art Wohncontainer, da bin ich durch ein kaputtes Fenster hineingeklettert. Innen sah es aus wie in einem Büro. Ich habe dann mein Lager zwischen den Schreibtischen eingerichtet. Am nächsten Morgen stand plötzlich die Polizei davor. Ich hatte in ihrem Checkpoint geschlafen! Zum Glück ließen sie mich laufen.