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Bestenliste

Dieser Mann war in den besten Restaurants der Welt – in jedem Einzelnen

Er hat die Liste der 50 besten Läden der Welt abgearbeitet. Vier Jahre später und mehrere Tausend Dollar ärmer erzählt er uns seine Geschichte.

Ich bin in Kalifornien geboren, aber ich habe 30 Jahre lang in Lateinamerika und in Europa gelebt, wo ich für Nabisco [einer Tochtergesellschaft von Mondelēz], Kellogg's und [die Unternehmensberatung] Accenture gearbeitet habe. 2009 habe ich meine eigene Produktionsfirma gegründet, „Mofilm", die sich auf Lebensmittelmarken und die Gastronomie im Allgemeinen spezialisiert hat. 2012 habe ich auch die Seite FoodieHub mitbegründet, das weltweit größte Netzwerk aus kulinarischen Expertenin verschiedenen Städten. Ich finde das einfach genial: Wenn ich irgendwo hinreise, finde ich so immer einen guten Laden und ein paar nette Leute.

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Essen war in meiner Familie schon immer eine große Sache. Für einige war es ein Hobby, für andere ein Beruf – für mich ist es heute ein bisschen von beidem, denn meine Produktionsfirma ist einer der Partner der „World's 50 Best Restaurants"-Liste. Auch im Alltag koche ich viel zu Hause und gehe oft essen, egal ob in Restaurants oder Street Food.

Insgesamt habe ich mein Projekt durch berufliche Reisen und meine Ersparnisse finanziert. Ich habe in Zwei- oder Drei-Sterne-Hotels geschlafen, nicht in irgendwelchen Luxusschuppen.

In meinem Beruf bin ich unglaublich viel unterwegs. Eines Tages wurde mir klar, dass ich schon in über 30 der 50 weltbesten Restaurants war – warum also nicht auch alle anderen probieren? Auch wenn nicht alle immer auf meinem Weg lagen: Ich wollte sie alle ausprobieren und mir eine eigene Meinung bilden. Vier Jahre hat es gedauert, bis ich die Liste 2015 durch hatte, aber eigentlich hört es nie so richtig auf: 2016 wurden sechs neue Restaurants in die Liste aufgenommen. Davon war ich schon in dreien, der Rest fehlt noch.

Was das Geld betrifft, hatte ich das Glück, 40 der 50 im Rahmen meiner Arbeit besuchen zu dürfen. Die zehn anderen haben mich gut 10.000 Dollar [umgerechnet 9.400 Euro] gekostet: Flüge, Hotels und Essen. Insgesamt habe ich mein Projekt durch berufliche Reisen und meine Ersparnissen finanziert. Ich habe in Zwei- oder Drei-Sterne-Hotels geschlafen, nicht in irgendwelchen Luxusschuppen.

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So schön werden die Gerichte im Ryugin in Tokio präsentiert. Foto: cityfoodster | Flickr | CC BY 2.0

Für mich ist die „World's 50 Best" definitiv eine gute Liste, abwechslungsreich, modern und auch die Erzeugung der Produkte steht im Mittelpunkt – regionale Produkte, beste Qualität. Einige Restaurants haben mich nachhaltig beeindruckt: zum Beispiel das Etxebarri in Bilbao, wo alles über Holzfeuer gekocht wird (Platz 10), das Piazza Duomo in Alba (Platz 17), die Präzision im Narisawa (Platz 8), die wunderschöne Einfachheit der Gerichte im Ryugin (Platz 31, beide in Tokio) und die Fusion-Küche zwischen Japan und Peru im Maido in Lima (Platz 13). Und natürlich das eindrucksvolle Alina in Chicago (Platz 15). Die drei Brüder vom El Cellar de Can Roca in Girona haben mich auch echt fasziniert – eine unglaubliche Geschichte. Wir haben sogar einen Film über sie gedreht:

An ein Gericht werde ich mich immer erinnern: den Salat mit 51 Sorten Blattgrün, Blüten und Kräutern im Piazzo Duomo. Ein unglaubliches Gericht.

Schlechte Erfahrungen habe ich allerdings auch gemacht – und es war nicht einmal eines der letztplatzierten Restaurants. Ich kann nur so viel verraten: Dort gibt es italienisches Essen, aber es ist nicht in Italien. Das hat mir überhaupt nicht gefallen.

Ich habe immer dafür gesorgt, dass ich nie alleine esse, weil es eben immer noch schöner ist, eine Erfahrung zu teilen und darüber reden zu können. Die meiste Zeit war ich mit Kollegen, Familie oder Experten aus meinem Netzwerk unterwegs. Und nach jedem Essen habe ich noch ein Foto mit dem Koch gemacht. Einmal, als ich in São Paulo in Brasilien gearbeitet habe, bin ich einen Abend über die Anden geflogen, um im Borago in Santiago de Chile zu essen. Gleich am nächsten Morgen bin ich wieder zurück nach São Paulo zur Arbeit.

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Das UltraViolet von Paul Pairet in Schanghai sticht auf der Liste wirklich heraus: Es gibt nur einen Tisch für zehn Personen, man wird mit verbundenen Augen an einen geheimen Ort gefahren und das ganze Essen ist eine einzige Sinneserfahrung.

Oft war ich auch mit meiner Familie unterwegs. Einmal ist mein Sohn in den Teich eines Sternerestaurants in England gefallen. Wir aßen in diesem schicken Restaurant in einem alten Gutshaus, als Dylan und sein Freund zwischen den Gängen in den Garten gerannt sind. Natürlich rief ihm seine Mutter hinterher: „Pass auf, dass du nicht reinfällst!", aber keine zwei Minuten später ist er gestolpert und landete im Wasser. Er saß dann im Bademantel am Tisch und die Mitarbeiter im Restaurant haben netterweise seine Sachen getrocknet. Meine Kinder lieben es, mit mir in Restaurants essen zu gehen – sie bekommen dann extra Gerichte für sie zubereitet.

Essen im UltraViolet von Koch Paul Pairet in Schanghai. Foto: chijs | Flickr | CC BY-ND 2.0

Das UltraViolet von Paul Pairet in Schanghai sticht auf der Liste wirklich heraus: Es gibt nur einen Tisch für zehn Personen, man wird mit verbundenen Augen an einen geheimen Ort gefahren und das ganze Essen ist eine einzige Sinneserfahrung mit Musik und Projektionen, die bei jedem Gericht wechseln. Das ist wirklich wie im Theater, manchmal übertreffen die Musik, die Videos und das Drumherum sogar die – immer noch ausgezeichnete – Küche. Als ich da war, waren wir zu fünft, die fünf anderen waren die Familie vom Metallica-Schlagzeuger. So was passiert einem nur einmal im Leben.

Rote-Bete-Sushi im Arpège. Foto: kentwang | Flickr | CC BY-SA 2.0

Vor Kurzem habe ich mit einem neuen Projekt angefangen: Ich will alle Drei-Sterne-Restaurants der Welt probieren. In 80 war ich schon, bleiben noch 31. Zwischen diesen beiden Listen besteht ein großer Unterschied: Im Guide Michelin sind traditionell solche Läden aufgeführt, wo es ziemlich teure Gerichte in Luxusambiente gibt. Bei den „World's 50 Best" geht es um eine lockerere Küche, natürlich auf hohem Niveau. Bei beiden Listen gibt es natürlich auch Ausnahmen, aber generell kann man das schon so sagen. Für mich haben beide Listen ein unterschiedliches Ziel. In Europa gibt es den Guide Michelin, sodass man weiß, wo man essen gehen kann. Aber eigentlich umfasst er nur eine Handvoll Städte außerhalb Frankreichs oder außerhalb Europas. Für Europa ist dieser Restaurantführer essenziell. Die „World's 50 Best" scannt die Welt nach Restaurants ab und zeigt ein globales Bild der modernen Spitzengastronomie – von Chile über China bis nach Schweden. Aber sie ist nur auf 50 Restaurants begrenzt, also endlich.

Das Ziel dieser Liste ist es, dass alle Regionen der Welt fair repräsentiert werden und kein Land dominiert – das macht auch ihren Charme aus. Einige Kritiker würden natürlich dennoch behaupten, wenn sie wirklich nach der Qualität der Küche ginge, 30 der 50 Restaurants in Frankreich wären, zehn in Japan und zehn im Rest der Welt.

Aufgezeichnet von Alys Thomas.