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Mein Job als Hostess machte mich rassistisch und sexistisch

Eine Minute als Hostess ist meistens schon genug, um einen Eindruck von dieser Person als Gast zu bekommen. Und dabei bin ich zu ein paar schrecklichen Schlüssen gekommen.
Foto von basheertome via Flickr

Willkommen zu den_ Restaurant Confessionals_, wo wir den Leuten aus der Gastronomie eine Stimme geben, die ansonsten viel zu selten zu Wort kommen. Hier erfährst du, was sich hinter den Kulissen in deinen Lieblingsrestaurants so alles abspielt. Dieses Mal erzählt eine Hostess eines Restaurants, wie sie von verschiedenen Kunden behandelt wird und wie sich das auf ihre Einstellung ausgewirkt.

Als Restaurant-Hostess habe ich den einfachsten Job im Speiseraum: Ich bin für die Sitzordnung zuständig, bringe Gäste zu ihren Tischen, reiche ihnen die Speisekarte und lächle dabei.

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Ich verbringe deutlich weniger Zeit mit den Kunden als die Kellner, aber eine Minute ist genug Zeit, um einen Eindruck zu bekommen, welche Art von Gast eine Person ist.

Wenige Minuten, nachdem sie angekommen sind, finden manche Gäste schon irgendetwas, über das sie sich beschweren können. In meinem Fall ist das meistens der Tisch, an dem sie zwei Stunden ihres Lebens verbringen werden. Es ist wirklich erstaunlich, wie unzufrieden ein Tisch einen Gast machen kann: zu klein, am Gang, zu kalt, zu laut, zu nah an einem anderen Tisch etc.

Manche Gäste haben mehr Nerven als andere. Es gibt Dinge, die ich berücksichtigen muss wie die Größe der Gruppen. Ich darf beispielsweise zwei Personen nicht an einen Tisch für vier setzen, weil wir ansonsten vielleicht eine Dreier- oder Vierergruppe wegschicken müssen und Geld verlieren.

In diesem Fall geben sich die Gäste meistens damit zufrieden, wenn ich sage: „Tut mir leid, der Tisch ist für vier Leute reserviert." Aber so wie manche Gäste mit mir reden und Dinge von mir verlangen, habe ich manchmal das Gefühl, dass sie das erste Mal in einem Restaurant sind.

Anfangs dachte ich mir: Wir sind hier im Finanzviertel von San Francisco. Natürlich wird es hier neureiche Arschlöcher mit ihren Tech-Unternehmen geben. Unsere Kunden sind hauptsächlich Asiaten oder Weiße, meistens ungefähr gleich alt wie ich, aber sie verdienen mehr Geld, als ich es je werde. Aufgrund der Lage des Restaurants repräsentieren unsere Kunden die Tech- und Unternehmerszene relativ gut. Schwarze oder Latinos sehen wir hier viel zu selten, mal abgesehen von den Küchenarbeitern.

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Ich habe aber bemerkt, dass es nicht an ihnen liegt, sondern an mir. Als asiatische Frau in der Gastronomie bekommt man nicht sehr viel Respekt. Und ich habe kein Gesicht, das danach schreit, wahrgenommen zu werden. Es passiert ständig, dass Kunden an mir vorbeilaufen und dann überrascht sind, dass ich es bin, die sie an ihren Tisch führt. Wenn ein weißer Manager mittleren Alters neben mir steht, dann gehen die Gäste zuerst auf ihn zu, obwohl er sie dann auf mich verweist.

Ich gebe es wirklich nur ungern zu, aber weiße Männer sind netter – auch wenn sie sich in der Happy Hour betrinken und wie Idioten aufführen, sind die meisten von ihnen trotzdem weniger arrogant, wenn sie mit mir reden. Asiatische Männer behandeln asiatische Frauen mit weniger Respekt.

Die Gäste behandeln uns Hostessen und Kellner unterschiedlich, je nach Hauptfarbe und Geschlecht. Als kleine, asiatische Frau wirke ich auf weiße Frauen mittleren Alters oft „süß", und zu weißen, weiblichen Kolleginnen sind sie meistens unfreundlicher.

Asiatische Männer wiederum sind zu der gleichen Kollegin viel netter als zu mir. Und natürlich würden sie es nicht wagen, zu meinen männlichen Kollegen unfreundlich zu sein. Nach meinen Erfahrungen braucht es schon ein außergewöhnliches Arschloch, um ohne Grund zu einem weißen, männlichen Kellner unfreundlich zu sein.

Ich weiß, dass asiatische Gäste lieber mich fragen, wenn sie an einen anderen Tisch, die Rechnung oder noch eine Runde Getränke möchten – obwohl ich als Hostess ja keine Ahnung habe, was sie trinken, weil ich die Bestellungen nicht aufnehme. Ich bin für sie „zugänglicher", was bedeutet, dass asiatische Männer das Gefühl haben, sie können selbst entscheiden, wo sie sitzen, und dass asiatische Frauen sich denken, Oh, du arbeitest hier? Dann kann ich dich ja weiterhin herablassend behandeln.

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In asiatischen Kulturen gibt es eine bekannte Trennung zwischen dem Wert des Mannes und dem der Frau. Das Klischee, dass asiatische Frauen lieber weiße Männer als andere Asiaten mögen, hat genau damit zu tun.

Als asiatische Amerikanerin der vierten Generation ist meine Familie ziemlich „amerikanisiert" und mir hat es immer Spaß gemacht, asiatische Klischees zu brechen. Ich gebe es wirklich nur ungern zu, aber weiße Männer sind netter – auch wenn sie sich in der Happy Hour betrinken und wie Idioten aufführen, sind die meisten von ihnen trotzdem weniger arrogant, wenn sie mit mir reden. Asiatische Männer behandeln asiatische Frauen mit weniger Respekt

Wie auch ich, wurden viele meiner asiatischen Kunden darauf vorbereitet, sechsstellige Gehälter in großen Unternehmen zu verdienen und nicht in der Gastronomie zu arbeiten. Meine Mutter versucht immer noch, vorsichtig mit mir über dieses Thema zu sprechen. Für diese Gäste bin ich also nicht nur eine Frau, sondern in ihren Augen habe ich es nicht auf die Reihe gebracht, einen „richtigen" Job zu bekommen.

Ich versuche alle Gäste gleich zu behandeln. Wenn ich drei große, weiße Geschäftsmänner sehe, die wahrscheinlich viel Geld liegen lassen werden, versuche ich sie mit gleich viel Respekt wie eine französische Familie, die nicht viel Trinkgeld gibt, oder eine unausstehliche Gruppe von weißen Mädchen, die einen Geburtstag feiern, zu behandeln. Aber mittlerweile reicht ein Blick und ich kann sagen, mit welcher Art von Gast ich es zu tun habe.

Wenn also ein asiatisches Paar oder ein asiatisches Mädchen mit ihrem Freund ins Restaurant kommt, werde ich lächeln, sie zu ihrem Tisch bringen und darauf warten, bis sie um einem neuen Tisch bittet. Wenigstens bleiben die asiatischen Kunden meistens nicht so lange. So kann ich den Tisch öfter vergeben und wir verdienen mehr.