Kulinarisches Überleben auf dem Dach der Welt

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Himalaja

Kulinarisches Überleben auf dem Dach der Welt

Solltest du Lust auf ein Abenteuer haben, vielleicht am Dach der Welt, lies als Erstes diesen Text.

Wenn du im Himalaja bist und über Berge wanderst, die Tausende von Metern über dem Meeresboden ragen, kann es schnell passieren, dass du ein wenig überschwänglich wirst und denkst, wenn du wandern kannst, wie ein Nepalese, kannst du auch essen wie ein Nepalese.

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Der erste Eindruck, den man von Nepal bekommt, wenn man erst einmal angekommen ist, ist nicht gerade der Beste. Der einzige internationale Flughafen in Kathmandu zählt nämlich zu den schlimmsten der Welt. Hauptgrund hierfür ist nicht nur die kurze Start- und Landebahn, sondern auch die sogenannten sanitären Anlagen. Ein Blick genügt und man sehnt sich zurück nach der zugigen und engen Flugzeugtoilette, die nun wie eine japanische Luxustoilette erscheint. Dir wird jedenfalls sofort klar, dass du deine Zeitung lieber nicht entspannt auf einer nepalesischen Toilette lesen möchtest. Mal abgesehen davon, dass du dich von einem komfortablen Sitz verabschieden kannst und in Zukunft deine Pomuskeln dabei trainieren kannst, wie du im Stehen dein großes Geschäft verrichtest. Aber genug davon. Kommen wir zum Essen.

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Fangen wir mal an mit einer Sache, auf die du nirgends auf der Welt verzichten kannst: Kaltes, klares Wasser. Während wir es ja gewohnt sind Wasser in Trinkqualität jederzeit und überall zu bekommen, wirst du schnell feststellen, dass keim- und bakterienfreies Wasser in Nepal ein kleines Luxusgut ist.

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In einem der ärmsten Länder der Welt ist etwas Modernes wie ein funktionierendes Abwassersystem leider urbaner Wunschtraum. Hinzu kommt, dass es während der Monsunzeit täglich sintflutartig regnet und alles in den Städten unter Wasser steht. Durch die nicht vorhandene Kanalisation gelangt alles, was auf der Straße herumschwirrt oder anderswo, sich im oder auf den Boden befindet, in die Kanalisation – auch Fäkalien. Daher solltest du nicht nur darauf verzichten, deinen Durst mit einem kräftigen Schluck Leitungswasser zu löschen, sondern nicht einmal daran denken dir damit den Mund nach dem Zähneputzen auszuspülen. Und bestell deine Limo lieber ohne erfrischende Eiswürfel mit Coli-Bakterien-Einlage.

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Viele Touristen verzichten auch vollkommen auf Gemüse während ihrer Nepalreise, da dir sogar die mit Leitungswasser gewaschene Tomatenscheibe auf deinem Burger den Durchfall deines Lebens besorgen kann. Ganz getreu der Reise-Faustregel: Cook it, peel it or forget it. Manch einer mag es ja für übertrieben halten, aber Tatsache ist, dass wir Europäer einfach keinen abgehärteten nepalesischen Magen haben. Die Zubereitungsart ist aber nicht immer der Sündenbock, wenn dein Magen Achterbahn fährt. Die „Verkaufsfläche" ist in Nepal nämlich auch etwas anders gestaltet, als wir es kennen. Supermärkte gibt es keine, und wenn, dann sind sie eher auf Touristen ausgelegt: Cola, Bier, Pringles (die bekommst Du überall – wirklich überall) und Toilettenpapier. Letzteres wird in Hotels nur sparsam ausgegeben. Jedenfalls findest du hier weder Fleisch noch Fisch oder Gemüse. Dies wird nämlich auf dem Markt verkauft oder am Straßenrand.

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Gekühlte Tresen suchst du hier vergeblich. Spinat, Hühnchen und Fisch aus dem schmutzigen Bagmati-Fluss in Kathmandu werden wahlweise auf ausgebreiteten Tüchern auf dem Boden oder alten Esstischen angeboten. So kann das Abendessen neben den heißen Sonnenstrahlen auch das staubige Aroma der dreckigen Straßen annehmen. Wohl bekommt's. Viele Restaurants in den Städten weisen Ihre Gäste aber auch mit Schildern darauf hin, dass sie nur abgekochtes Wasser benutzen. Ganz im Gegenteil zu den Guest Houses in den Bergen. Trotzdem bekommst du in diesen kleinen Familienbetrieben oft frische Lebensmittel und kannst manchmal das frische Bergwasser sogar problemlos trinken.

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Obwohl diese kleinen Lokale weit oben in den Bergen liegen und viele der Nahrungsmittel auf dem Rücken Tausende Höhenmeter hochgeschleppt werden müssen, bekommst du hier alles, was dein ausgehungertes Trekker-Herz begehrt: Pizza, Pasta, Burger (auch vegetarisch), Chinesisch, Indisch und natürlich Nepalesisch.

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Beim Aufschlagen der Karte könnte man nicht selten denken, man lese grad das Angebot des heimischen Lieferservices. Im Gegensatz dazu, schmeckt das Essen was du aufgetischt bekommst sogar meistens richtig gut.

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Und falls es mal doch nicht nach deinem Geschmack sein sollte, kannst du es einfach mit einem guten Schluck Everst-Bier herunterwürgen. Die Standard-Flasche mit 650ml bekommst du ab 3 Euro. Je höher, du kommst, desto teurer werden jedoch die Preise. Wenn du aber erst einmal gesehen hast, wie ein paar schmächtige Nepalesen das gaze Zeug den Berg hochschleppen, weißt du warum. So funktioniert nun mal Tourismus.

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Solltest du nach dem Essen auch noch einen selbst gebrannten „Local Wine" angeboten bekommen, sag nicht nein. Keine Sorge, er macht in der Regel nicht blind. Es ist vielmehr eine Mischung aus Schnaps und etwas Weinähnlichem. Je nach Können des Wirtes schmeckt es mal mehr, mal weniger nach alten Socken. Jedenfalls wiegt er dich nach einem langen Trek liebevoll in den Schlaf.

Fotos: Margarethe Honisch