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Barkultur

Erzählungen eines Bartenders aus dem Ritz

Marco Ercolano, der Bar- und Lounge-Manager der Rivoli Bar im Ritz in London, teilt mit uns einige Perlen der Weisheit (nicht die aus Plastik) und erzählt von seiner Erfahrung in den teuersten Hotelbars Londons.
Photo via Flickr user iwishmynamewasmarsha

Hinter der einschüchternden Fassade verbergen sich im Londoner Ritz extrem fähige Bartender. Die Getränkekarte der Rivoli Bar besteht aus nur sieben Getränken, darunter der klassische Negroni, der Rob Roy und natürlich der Old Fashioned. Im Grunde genau die Drinks, die man nur auf die Karte setzt, wenn man sein Handwerk wirklich versteht.

Der Mann an der Spitze des alkoholischen Angebots im Ritz ist Marco Ercolano, ein erfahrener Bartender aus einem italienischen Dorf an der Amalfiküste. Mit 14 Jahren begann die Bar-Karriere des heute 30-Jährigen. Seit zehn Jahren lebt er in Großbritannien, wo er bereits leitende Positionen in den Bars des Hilton, des Milestone Hotel in Kensington und des Bulgari Hotel besetzte, in denen eine Nacht wahrscheinlich mehr als deine Gasrechnung fürs gesamte Jahr ausmacht. Mit erstklassigen Etablissements kennt sich dieser Mann aus.

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An einem Freitag Abend besuchte ich Marco im Rivoli, um mehr darüber herauszufinden, was es braucht, um Martinis in der Mutter aller #RichKids-Bars mixen zu dürfen. Er erzählte uns von den Besonderheiten seines Jobs und von den Eigenheiten der Stammkunden.

MUNCHIES: Hey Marco, das Ritz muss ein aufregender Ort sein für dich als Bartender. Marco Ercolano: Ja, obwohl wir immer mit dem Trend gehen und immer Neues schaffen, spielt gleichzeitig die Tradition eine wichtige Rolle. Wir haben einen besonderen Stil und können auf eine sehr lange Geschichte zurückblicken. Man muss sich nur einmal die Gläser und die Einrichtung ansehen.

Wie bist du hierher gekommen? War es ein langer Weg? Ich arbeite schon in Bars, seit ich 14 bin. Ich fing als Putzhilfe in den Bars in meinem Heimatort in Italien an. Ich bin also schon sehr lange in diesem Gewerbe, mehr als mein halbes Leben. Und ich liebe jeden einzelnen Aspekt. Es geht mir einfach darum, Leute glücklich zu machen. Seit zehn Monaten bin ich jetzt im Ritz.

Hier hast du dich weiterentwickelt? Der Lernprozess dauert. Früher nahm ich an Wettbewerben und Shows teil. Es fühlt sich toll an, Teil des Gewerbes zu sein und zu sehen, wie es wächst. Vor zehn Jahren war die Szene noch so anders, alles war viel simpler.

Das Wichtigste waren moderne Klassiker. Der kreative Aspekt spielte keine besonders wichtige Rolle. Heute ist das anders—heute geht es um hausgemachte Sirupe, Bitter; es gibt viel mehr verschiedene Techniken.

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Was braucht man, um hier im Ritz Bartender zu werden? Man muss sich sehr gut auskennen und engagiert sein. Man braucht eine echte Leidenschaft für Cocktails und ein Verständnis dafür, was funktioniert und was nicht. Wir verwenden sehr viele hochwertige Spirituosen und andere Zutaten, also darf man sich nicht viele Fehler erlauben.

Erfahrung ist ausschlaggebend. Es ist schwierig, eine bestimmte Anzahl von Jahren zu nennen, weil jede Person und jede Situation anders sind. Aber um in einem Vier- oder Fünf-Sterne-Hotel zu arbeiten, braucht man auf jeden Fall Arbeitserfahrung. Es geht nicht nur um die Getränke, sondern auch um den Service. Man muss seine Kunden kennen und verstehen.

Ritz-Bar-Martini

Marco Ercolanos Interpretation des klassischen Martinis. Foto von Josh Barrie.

Worauf muss ein Barkeeper im Ritz gefasst sein? Man lernt hier so viele Leute kennen. Wir bedienen ständig Fußballer, Schauspielerinnen und so weiter. Es gibt ein paar sehr besondere Kunden, die schon seit sehr vielen Jahren zu uns kommen. Diese Leute kennenzulernen, kann sehr aufregend sein. Für unsere neuen Teammitglieder haben wir eine Liste unserer Stammkunden hinter der Bar, damit sie wissen, wer sie sind. Die neuen Bartender müssen sich schnell einen Durchblick verschaffen.

Auch Politiker besuchen unsere Bar—Leute, die eng mit dem Premierminister zusammenarbeiten. Einer arbeitete früher für Margaret Thatcher. Er kommt recht oft in die Bar, setzt sich immer an denselben Platz und trinkt Dom Pérignon, immer das Gleiche. Man muss auf bestimmte Szenarien eingestellt sein. Da kann man sich schon nahe kommen.

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Irgendwelche Situationen, die dir besonders im Gedächtnis geblieben sind? Da gibt es ganz viele. In einem anderen Hotel in London bediente ich einen Stammkunden. Er trank Champagner, teuren Champagner—er war sehr reich. Er spendierte jeder Person in der Bar ein Glas. Wir waren alle ziemlich überrascht. Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, wie viel er ausgab, aber es war eine riesige Summe.

Bei den Cocktails, die du mixt, muss es doch sicherlich mehr um Geld, als sonst etwas gehen? Teil dieser Etablissements ist die Cocktailkultur. Wenn es die Geschichte nicht gäbe, hätten wir heute keine Cocktails. Hätte es die 1920er und die Prohibitionszeit nicht gegeben, würden die Hälfte der Drinks heute gar nicht existieren. Wir würden Dinge nicht auf die gleiche Art und Weise machen, wie wir es heute tun. Es gibt einen Grund, warum wir unsere Inspiration aus den Klassikern holen.

Aber neben den Klassikern versucht ihr auch immer, mit den Cocktailtrends Schritt zu halten? Ja, das ist sehr wichtig. Mein Team und ich machen unsere eigenen Sirupe oder Bitter. Wir kaufen Spirituosen aus der Umgebung—Sipsmith und Portobello Gin mag ich besonders gerne. Aber wir haben auch Vintage-Spirituosen. Für unsere Manhattans kaufen wir Kirschen für das ganze Jahr, wenn sie gerade Saison haben und legen sie dann in Whiskey ein.

Servier mir einen eurer neueren Cocktails. Wir haben eine neue Interpretation des klassischen Martinis. Der Cocktail wird mit Wodka gemacht, also eine klassische Basis, aber dann wird er mit hausgemachten Kaviar-Bitter, rosa Himalayasalz und unserem hausgemachten Wermut vermischt.

Klingt Wahnsinn. Vielen Dank für das Gespräch, Marco.