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Reisen

Zu Besuch in einem geheimisvollen nordkoreanischen Sklavenrestaurant

Ich wollte meinen Geburtstag an einem besonderen Ort feiern—mit Dumplings und Rock'n'Roll.

An meinem letzten Geburtstag, der vor Kurzem war, wollte ich etwas Neues ausprobieren und entschied ich mich dafür, ihn in Nordkorea zu feiern. Da das Angebot für Partyreisen in der demokratischen Volksrepublik leider recht begrenzt ist, war ich gezwungen, mir eine leichter durchführbare Alternative zu suchen.

Das Pyongyang Restaurant in Phnom Penh, Kambodscha, gehört zu einer Kette mit 60 Filialen, die in ganz Asien verstreut sind und von der nordkoreanischen Regierung betrieben werden. Genauer gesagt stehen diese Restaurants unter der Aufsicht von Office 39, einer Einrichtung des nordkoreanischen Regimes, das alle Umsätze des Landes überwacht. Professor Sung-Yoon Lee, Nordkorea-Experte von der Tufts University in Boston, erzählte mir, dass zu den anderen—wahrscheinlich profitableren—Geschäftszweigen „Geldwäsche, Schmuggel und Drogenhandel gehören—die Restaurants sind eine neue und vergleichsweise harmlose Form der Gewinnschöpfung."

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Nordkoreas Regierung ist seit den 70ern knapp bei Kasse, und die letzte Finanzkrise hat Kim Jong-uns Geldbörse noch weiter schrumpfen lassen. „Nach meinen Schätzungen erwirtschaften die Restaurants weniger als 700.000 Euro im Jahr. Sie haben also keinen maßgeblichen Einfluss auf den Geldumlauf von Kims Regime, stellen aber trotzdem wichtige Einnahmequellen dar", erklärte mir Professor Lee.

Unterhaltung im Pyongyang Restaurant

Am Abend meines Geburtstags machte ich mich also auf zum Pyongyang Restaurant in Phnom Penh, wo ich von einigen Freunden empfangen wurde. Der Raum war bis auf eine Bühne abgedunkelt, auf der fünf schöne Nordkoreanerinnen zu einer Musik, die sich stark nach Jeff Waynes War of the Worlds anhörte, eine Art rituelles Ballett aufführten.

Überhaupt handelt es sich bei allen Angestellten des Restaurants um junge, schöne Frauen, die Vorzeigeexemplare der nordkoreanischen Rassenideologie zu sein schienen. In ihrem Heimatland werden Babys, die nicht zu 100 Prozent nordkoreanisch sind, umgebracht oder vorher schon abgetrieben—was meist dann vorkommt, wenn geflüchtete Frauen in China schwanger werden und wieder abgeschoben werden. B.R. Myers schreibt in seinem Buch The Cleanest Race: „Die Nordkoreaner glauben, rein und selbstlos geboren zu werden … Sie sehen sich als Nation von immerwährenden Kindern […], die einfach nur in Ruhe gelassen werden möchte, aber andauerndem Missbrauch und schädlichem Einfluss von Außen ausgesetzt ist."

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Das sonderbare Ballett war vorbei und die Tänzerinnen verließen die Bühne. Als nächstes trat eine Geigenspielerin auf die Bühne. Ihre atemraubende Performance war so gut, dass sie eher in eine große Philharmonie als in eine wie ein Stripclub beleuchtete Kaschemme in Phnom Penh zu gehören schien.

Inzwischen war der Rest meiner Geburtstagsgäste eingetroffen. Während wir die reichhaltige Speisekarte studierten, tranken wir Bier und bestellten schließlich Krabben, Dumplings und Nudelgerichte. Nordkoreanische Spezialitäten wie Kimchi und Hundefleischauflauf waren leider außerhalb meines Budgets—was entweder ein Indikator dafür ist, dass die Gerichte besser schmecken als es ihr Name vermuten lässt oder dass die DVRK wirklich dringend ausländisches Geld braucht und deswegen die typischen Touri-Gerichte so viel teurer verkauft als den Rest.

Aber ist der überteuerte Verkauf von gekochtem Hundefleisch an Ausländer wirklich der einzige Weg, auf dem das Regime von der Pyongyang-Restaurantkette profitiert? „Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Restaurants zur Geldwäsche benutzt werden", erklärte mir Professor Lee. Er deutete an, dass ein harmlos aussehendes Unternehmen mit hohem Umsatz, wie eben ein Restaurant, leicht dazu benutzt werden kann, Geld aus weniger seriösen Geschäften zu reinigen.

Ich nahm meine Kamera und begann Fotos zu machen. Schon nach wenigen Bildern kam jedoch eine Kellnerin herbeigeeilt und formte mit ihren Zeigefingern ein X, um mir klarzumachen, dass dies zu unterlassen sei. Worin auch immer der finanzielle Zweck dieses Restaurants bestehen mag—dem totalitären Duktus des Heimatlandes ist man hier auf jeden Fall treu geblieben.

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In Pjöngjang gibt es eine Reihe von Tourismus- und Gastronomieschulen, in denen Kellnerinnen ausgebildet werden, bevor sie ins Ausland geschickt werden. „Die Mädchen durften Nordkorea nur verlassen, weil sie einen politisch zuverlässigen Hintergrund hatten", sagte Dr. Justin Hastings, außerordentlicher Professor für Internationale Beziehungen und Vergleichende Politikwissenschaft an der University of Sydney. „Wenn sie abtrünnig werden sollte, ist es sicher, dass ihre Familien in Nordkorea in Mitleidenschaft gezogen werden."

Als ich eine Kellnerin fragte, wo sie lebt, zeigte sie nach oben. Angeblich dürfen sie und der Rest der Angestellten das Restaurant so gut wie nicht verlassen, und wenn, dann nur in Gruppen von drei oder vier Personen. Die Kellnerinnen im Pyongyang Restaurant in Siem Reap waren offenbar noch nie im Tempel von Angkor Wat, obwohl dieser nur 20 Kilometer entfernt ist.

Dr. Hastings sprach mit einer Angestellten in einer chinesischen Restaurantfiliale. „Sie hat gesagt, dass sie den Job angenommen hat, damit ihre Familie sie nicht mit Essen versorgen muss, während sie außer Landes ist", erzählte er mir. Obwohl die verheerende Hungersnot der späten 1990er Jahre vorüber ist, erhält Nordkorea noch immer Lebensmittelhilfen und hat Schwierigkeiten, das eigene Volk zu ernähren. So traurig es klingt—es scheint sinnvoll zu sein, das Land zu verlassen, damit deiner Familie mehr Essen bleibt.

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Während die Bedienung gegenüber meinem Tisch und anderen westlichen Gästen zurückhaltend war, wirkte sie im Umgang mit südkoreanischen Kunden deutlich glücklicher. Hinter diesen Flirts vermutete Dr. Hastings jedoch Hintergedanken.

„Südkoreaner sind die wichtigsten Kunden für nordkoreanische Restaurants", erzählte er mir. „Wenn sie betrunken sind, bekommen sie eine lockere Zunge." Die Kellnerinnen sind geübt darin, südkoreanische Geschäftsmänner in den Bann zu ziehen und ihnen Informationen zu entlocken. Die meisten Restaurants haben einen VIP-Raum für die reichsten und einflussreichsten Kunden. „Es würde mich erstaunen, wenn die VIP-Räume nicht verwanzt wären", sagte Dr. Lee.

Der letzte Teil der Bühnenshow war ein Schlagzeugsolo, begleitet von Gitarren- und Basseinlagen anderer Mädchen. Insgesamt gaben wir 70 Euro aus—was für Phnom Penh, wo du für 1 bis 6 Euro ein anständiges Abendessen bekommst, unglaublich teuer ist. Ich frage mich, wofür das Geld ausgegeben wird. Vielleicht für ein bisschen mehr Militärforschung? Tut mir leid, Leute.

Ein paar Tage nach meiner Party war ich mit der Leiterin des Restaurants zu einem Interview verabredet. Meine Gesprächspartnerin tauchte jedoch nicht auf. „Komm morgen nochmal wieder", riet mir eine Kellnerin. Doch auch am nächsten Tag wurde ich versetzt. Ich rief die Managerin an und fand heraus, dass ihr plötzlich die Fähigkeit, Englisch zu sprechen, abhanden gekommen war.

Was habe ich also von meinem Besuch im Pyongyang in Phnom Penh gelernt? Dass Nordkoreaner keinen Wert darauf legen, mit Leuten aus dem Westen zu reden und es vermeiden, dass irgendjemand komische Fragen über die Rechte von Angestellten stellt. Wer hätte das gedacht.