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Von der illegalen Dinnerparty zum richtigen Restaurant

Als meine Frau und ich aufgrund der Wirtschaftskrise unsere Jobs verloren, beschlossen wir, ein illegales Restaurant in unserer Wohnung zu betreiben. Plötzlich wurden Toprestaurantkritiker auf uns aufmerksam—und das Gesundheitsamt.
Foto by Unplash Caroline Attwood 

Irgendwann Mitte 2000 fing meine special Lady (a.k.a. meine „Ehefrau"), Thi Tran, damit an, alle möglichen Dinge zu kochen, Fotos davon zu machen und diese auf Facebook zu posten. (Das war vor der #foodpornrevolution und galt damals noch eine komische, asiatische Eigenart). Und ich durfte alles aufessen.

Dann, 2008, ging die Wirtschaft den Bach runter. Im Jahr darauf verlor Thi ihren Job in der Werbebranche und ließ sich darüber auf Facebook aus, wie man das eben so macht. Die Reaktion war einstimmig: „Werbung? Pfff! DU SOLLTEST KOCHEN!" Drei Jahre später kündigte ich meinen Job—ich verkaufte asiatisch-amerikanische Indiefilme—und wir eröffneten mit ein paar Klapptischen ein illegales Restaurant in unserer winzigen Wohnung.

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Wir verteilten in 300 Wohnungen in unserem Gebäude Flyer, um Werbung für unser Restaurant zu machen, das wir STARRY KITCHEN nannten.

Es war nicht besonders schick. Wir öffneten den Gästen die Tür, sie nahmen den Lift nach oben und gelangten zu unserer Terrasse voller Stühle, die nicht zusammenpassten, inmitten des Hochhausparadieses. Ich saß an meinem kleinen Klapptisch und nahm die Bestellungen auf. Wir servierten asiatisches Soul Food: vietnamesisches thit kho, geschmortes Kokonussschweinefleisch oder koreanisches kalbijim, geschmorter koreanischer Rippcheneintopf, beispielsweise. Es gab eine Box mit einer empfohlenen Spende von 5 Dollar und nachdem man das Geld hineingeworfen hatte, rief ich die Bestellung in die Wohnung hinein. Unsere Freunde kamen, um uns zu unterstützen (wir wussten, dass sie mindestens ein Mal kommen würden, um sich nicht schlecht zu fühlen). Aber dann gefiel es ihnen sogar. Sie liebten es. Und sie brachten ihre Freunde mit und die brachten ihre Freunde mit, die noch mehr Freunde mitbrachten.

Plötzlich gab es Yelp-Reviews von unserer Wohnung. Und dann war unsere Wohnung plötzlich auf Yelp das #1 Asian Fusion Restaurant in L.A.!

Dann fand die L.A. Weekly uns, was uns Gäste aus San Francisco und New York brachte. Wir standen häufiger in den Medien und wurden immer größer; so groß, dass das Gesundheitsamt uns auch fand.

Als die Vertreter des Gesundheitsamts dachten, sie hätten uns erwischt, war ich bereits in Verhandlungen, um aus Starry Kitchen ein rechtmäßiges Restaurant mit allen nötigen Bewilligungen zu machen. Ich bot mich als ihr Aushängeschild an—„illegales Restaurant wird legal"—aber sie kauften es mir nicht ab. Stattdessen gaben sie uns eine verbale Verwarnung. Wir betrieben das Restaurant weiterhin hinter geschlossenen Türen bis zu unserem letzten Abend, an dem mehr als 130 Leute zu uns kamen, um unsere berühmten Crispy Tofu Balls zu essen, unser populärstes Gericht.

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Im Februar 2010 schlossen wir endlich unsere Verhandlungen ab und bekamen ein ehemaliges Sushi-Mittagsrestaurant in der Innenstadt von L.A., aber wir hatten keine Ahnung, wie man ein Restaurant betreibt.

Ich ergriff sehr extreme Maßnahmen, um unser neues Restaurant zu promoten. Bananenganzkörperanzüge und Lederhosen waren im Spiel. Ein Freund von uns, der unglaublich talentierte französische Koch, eine Legende in L.A., Laurent Quenioux, kam auch bei uns vorbei, um mit uns zu kochen. Für ein Gericht schmuggelten wir beispielsweise illegale Ameiseneier aus Mexiko (150 Dollar pro Kilo) ins Land, wir kochten ein 19-gängiges weißes Trüffel-Menü und veranstalteten eine Reihe von Marihuana-Abenden—alles im Geheimen. Nichts davon war vernünftig, aber es funktionierte und wir standen plötzlich in der New York Times.

Die Liebe, die Verehrung, die Menschenmengen, die wir vom Mittagsrestaurant kannten—Abendessen war das komplette Gegenteil und davon hatten wir noch weniger Ahnung. Wir waren unglaublich langsam, mussten um jeden Dollar kämpfen, wir konnte unsere Mitarbeiter, unsere Lieferanten und unsere eigenen Rechnungen nicht pünktlich bezahlen und verloren Freunde. Nach nur drei Monaten als Pop-Up-Restaurant schrieb Jonathan Gold, der Restaurantkritiker/-gott, für die L.A. Times Ende 2012 die erste grandiose Rezension über uns.

Dann zogen wir um nach Chinatown, was eine freudige Abwechslung war. Auf wundersame Weise schafften wir es zum zweiten Mal auf die Liste der „101 Best Restaurants" der L.A. Times, aber dann zogen uns die gleichen Probleme, die wir zuvor schon hatten, wieder runter. Obwohl wir erfolgreich waren, hatten wir Schwierigkeiten, die Miete und unsere Mitarbeiter zu bezahlen.

Wir sind jetzt seit eineinhalb Jahren in Chinatown und es ist fünfeinhalb Jahre her, seit wir Starry Kitchen eröffnet haben. Es fühlt sich an, als wären wir schon seit Ewigkeiten in diesem Geschäft und es ist ein tolles Gefühl, dass wir es von einer illegalen Dinnerparty zu einem richtigen Restaurant geschafft haben. Wenn es mal richtig beschissen läuft, denke ich nostalgisch an die Zeit zurück, wie einfach es damals war, wie wenig Verantwortung wir trugen und wie viel Spaß wir dabei hatten. Am Ende bin ich aber froh, dass wir unsere Jobs aufgegeben haben und (unerwartet) Restaurantbesitzer geworden sind, denn kein Tag gleicht dem anderen.