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Indien

Alte indische Frauen sind die besten Köche der Welt

Ich bin's, Dapwell, ehemaliges Mitglied der Rapgruppe „Das Racist". Geräde hänge ich bei meiner Großmutter in Südindien ab und schaue indische Seiferopern, laber rum und esse zu viel. Die alten Ladys hier sind immer noch die besten Köche der Welt.
Foto: Autor Ashok Kondabolu

Ich bin's, Dapwell, ehemaliger Tänzer für die Rapgruppe Das Racist und jetzt quasi herumreisender Pseudo-Journalist. Gerade hänge ich in Südindien in einer Stadt namens Tenali (100.000 Einwohner) ab. Diese ist auch gleichzeitig die Heimatstadt meiner Mutter und liegt in indischen Staat Andhra Pradesh. Ich bin hier, um meine Großmutter zu besuchen und deshalb verbringe ich auch viel Zeit bei ihr zu Hause und verschlinge tonnenweise—vermutlich viel zu viel—Essen. Aber hey, was bleibt mir auch anderes übrig, wenn ich mit einer 78 Jahre alten Frau chille? Ich bin übrigens auch davon überzeugt, dass sie eine der besten Köchinnen der Welt ist.

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In den frühen 90er Jahren lebte meine Großmutter bei uns in New York, in unserem kleinen Haus in Queens. Sie lernte einige der weißen—und vornehmlich jüdischen—Nachbarn kennen und gab ihnen oft etwas von dem Essen, das sie oder meine Mutter an dem Tag gekocht hatten. Ich weiß nicht, ob die Nachbarn es wirklich gegessen haben, aber die Tupperware bekamen wir immer zurück, also ist das nicht so wichtig. 1994 ging sie zurück nach Tenali. Das Haus, in dem sie wohnt, wurde vor 40 Jahren gebaut und es ersetzt die alte strohgedeckte Palmhütte, in der meine Mutter geboren wurde. Da meine Oma jetzt auf die 80 zugeht, versuche ich, sie so oft es geht zu besuchen. Diese Besuche bestehen normalerweise aus Herumsitzen in besagtem Haus, Fernsehen, Herziehen über andere Leute und natürlich Essen.

Kaum hatte ich einen Fuß über die Schwelle gesetzt, legte meine Großmutter auch schon los: „Du bist viel zu dünn, du isst in Amerika wohl nichts." Auf dieser Reise habe ich knapp drei Kilo zugenommen. Ich wiege mich eigentlich nicht, aber ich hab drauf geachtet, als ich am Tag vor meinem Abflug meine Koffer gewogen habe. Leute, 71,8 Kilogramm. Nicht cool.

Zwischen dem ganzen Kochen, Rumhängen und Rumlabern machte ich auch immer wieder mal eine Pause, um synchronisierte nordindische Melodramas im Fernsehen anzuschauen. In Eee Tharam Illalu (Übersetzung: Die Hausfrau dieser Generation), die Lieblingssendung meiner Großmutter, geht es um gebildete Frauen, die einen altmodischen Haushalt modern machen wollen, natürlich gegen den Willen der diktatorischen Hausdamen. Alles klar.

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Um euch zu zeigen, dass ich wirklich nicht in den USA bin und heimlich das Wochenende bei meiner Mutter in Queens verbringe, liefere ich im Folgenden Beweise dafür, dass ich mich in Indien aufhalte und das ganze Zeug auch esse.

Photo by Ashok Kondabolu

Idli

Südindisches Essen ist sehr geschmacksreich und komplex—es zeigt das fruchtbare Klima der Region mit den vielen unterschiedlichen Zutaten, die beim Kochen verwendet werden. Diese können oft nicht alle zusammen gekauft werden, also ist das Vorausplanen ein essentieller Teil beim Kochen in Indien, vor allem an Orten, wo du nicht bequem alles in einem Supermarkt besorgen kannst. Das typische Essen in Andhra Pradesh besteht aus solchen Dingen wie Reis-Linsen-Plätzchen (Idli), einem pikanten Gemüseeintopf (Sambar), einer Reihe von Chutneys (Pachadis) und natürlich viel lokal angebautem, weißem Reis (die Gegend ist bekannt für Reisfelder). Beim Essen der Chutneys ist es definitiv hilfreich, deine Hände zu benutzen, so wie es die Menschen aus Südindien auch machen. So kannst du den Geschmack gleichmäßig im „Reisball" verteilen, bevor du ihn verzehrst.

Photo by Ashok Kondabolu

Vada (auch Garelu genannt)

Vada wird normalerweise zum Frühstück gegessen, vor allem bei religiösen Festen wie Pongal (ein mehrtägiges Erntefest, das am 26. Januar stattfindet), Diwali (ein Lichterfest) und Vinayka Chathurthi (ein Fest für Ganesha). Sie werden aus Urdbohnen hergestellt und mit Kokosnuss-, Erdnuss- oder Ingwer-Chutneys gegessen. Sie werden auch in Sambar gedippt, der pikante Gemüseeintopf, den ich oben erwähnt habe. Ich mag sie vor allem, wenn sie frisch und noch ein wenig knusprig sind. Wenn sie nur so vor Öl triefen, dann sind sie eher nicht so mein Ding. Sie wurden von meinen Verwandten auch oft als „indische Donuts" bezeichnet, wahrscheinlich nur, um sie mir als pummeligen Amerikaner schmackhafter zu machen.

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Photo by Ashok Kondabolu

Upma und Senega Pappu Podi

Upma ist ein Frühstücksessen aus Weizen- oder Reiscreme. Die Konsistenz variiert dabei von pastenähnlich bis ziemlich grob, was vom verwendeten Weizen abhängig ist. Oft wird bei der Zubereitung auch Senaga Pappu Podi verwendet, ein Pulver bestehend aus gemahlenen Pferdebohnen, getrockneten Chilischoten, Koriander, Senfkörnern und getrockneter Kokosnuss. Kinder essen es manchmal mit Zucker. Ich bin jetzt kein Fan von Upma, auch wenn die gröbere Variante ganz passabel ist. Meiner Meinung nach ist die Haferbrei-ähnliche Konsistenz total unappetitlich und der Geschmack schwach. Ich garantiere dir, dass dem Durchschnittswestler Upma mehr schmecken würde, als alle anderen Mahlzeiten in diesem Artikel, wenn du verstehst, was ich meine. Upma steht auf der Liste meiner liebsten Frühstücksoptionen aus Südindien definitiv ganz unten.

Photo by Ashok Kondabolu

Uttapam und Erdnuss-Chutney

Uttapam ist ein dickes, fluffiges, Crepe-ähnliches Frühstück aus Urdbohnen und Reisteig, der über Nacht zum Ziehen stehen gelassen wurde. Oft werden Karotten, rote Zwiebeln und Koriander (aka Korianderblätter) der Mischung beigemengt, die dann in einer Tawa—eine flache, oft aus Gusseisen hergestellte Pfanne—gebraten wird. Normalerweise isst man die Fladen mit einem Erdnuss-Chutney aus Erdnüssen, grünen Chilischoten, Koriandersamen, Curryblättern, Kokosnuss, Senfkörnern und Kreuzkümmel.

Sie schmecken immer fantastisch, vor allem, weil ich sie in den USA nur selten esse. Die Konsistenz und der Geschmack sind auf gewisse Weise vergleichbar mit dem Injera-Brot aus Äthiopien, das ebenfalls toll ist.

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Photo by Ashok Kondabolu

Rasam

Rasam ist eine Suppe aus Tomaten, Tamarinden-Paste, Asant (ein auch als Asafoetida bekanntes Gewürz), einer Mischung aus Curryblättern, getrockneter Paprika, Kreuzkümmel, Koriandersamen, einem Mix aus ganzen und zerstoßenen Linsen, und ganzen Pfefferkörnern. Normalerweise wird sie am Ende einer Mahlzeit mit weißem Reis serviert, kann aber auch nur als Suppe gegessen werden. Und eine heiße Brühe wie diese ist immer hilfreich, wenn du mal etwas Energie brauchst. Ich esse sie immer am Ende eines Mahls aus einer kleinen Schüssel mit ein wenig Reis, kurz bevor der Joghurt kommt (das Zeichen für das endgültige Ende des Mahls).

Photo by Ashok Kondabolu

Gongura-Chutney und gewürzter Jogurt

Gongura ist eine Pflanze mit viel Grün, die immer mit dem Staat Andhra Pradesh in Verbindung gebracht wird. Hier findest du sie zu jeder Zeit eingelegt oder als Curry oder Chutney zubereitet. Das Chutney wird gemacht, indem die Blätter gekocht, getrocknet und ihnen gebratene Frühlingszwiebeln oder Koriandersamen beigemengt werden. Dann wird das Ganze zu einer breiigen Masse verarbeitet, entweder per Hand mit Mörser und Stößel (Rolu-Rokali) oder mit einem Mixer. Als Kind habe ich Gongura wegen dem sehr starken und bitteren Geschmack gehasst, aber über die Jahre habe ich es lieben gelernt. Die Blätter einer Art der Pflanze, die wir in Queens anbauen, schauen genau so aus wie Weed. Sie machen dich aber nicht high.

Photo by Ashok Kondabolu

Gebratene bittere Flaschenkürbisse (oder Kakarakaya)

Das Zeug habe ich gehasst, als ich noch jünger war. Inzwischen sind wir gute Freunde. Kakarakaya (oder bittere Flaschenkürbisse) werden oft mit Zwiebeln und etwas Jaggery (dunkler Rohzucker) angebraten und schmecken mit Reis oder auch einfach so echt unglaublich. Flaschenkürbisse haben gute medizinische und antibakterielle Eigenschaften. Die Blätter werden zur Behandlung von Tollwutbissen verwendet und die Pflanze selbst hilft beim Senken des Blutzuckerspiegels bei Diabetes. Wenn du mal Flaschenkürbisse in die Finger bekommst, dann merke dir: Sie schmecken noch besser, wenn du sie bei geringer Hitze mit Buttermilch, Salz und Gelbwurzel kochst, bis sie superweich sind. So ist der Geschmack dann nicht so bitter.

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Photo by Ashok Kondabolu

Jalebi

Jalebi ist ein bekanntes indisches Dessert aus gegorenem Reisteig, das in Bretzel-ähnlicher Form frittiert und sofort nach dem Rausholen aus der Fritteuse glühend heiß in warme Palmzucker-Soße getaucht wird. Nachdem das Jalebi die Soße aufgenommen hat, wird es sehr klebrig und süß. Oft wird es mit Vanilleeis serviert. Um ganz ehrlich zu sein, ich bin kein großer Fan der meisten indischen Süßspeisen—sie sind mir zu schwer und zu süß. Jalebi ist aber ziemlich gut, wenn es noch sehr heiß ist.

Obwohl ich jetzt schon unzählige Male hier war, hat die indische Küche doch immer wieder Überraschungen parat. Es gibt hier einige verrückte tropische Früchte wie zum Beispiel gegrillte Palmwurzel, Sapote oder die Orangen aus Tenali, die wie große Mandarinen aussehen und extrem leicht zu schälen sind. Die habe ich noch nie zuvor gesehen. Der beste Teil meiner Reise war aber, zusammen mit drei über 60 Jahre alten Frauen im fluoreszierenden Licht des Wohnzimmers meiner Großmutter zu essen und dabei Seifenopern zu schauen. Dabei wachte ständig das vergrößerte Porträt meines Großvaters über uns, dass kurz nach seinem Tod vor über 30 Jahren aufgenommen wurde.

Ziemlich heftig.

Alle Fotos: Autor Ashok Kondabolu