So schafft man es, mit einem Restaurant nicht sofort pleite zu gehen

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Koch

So schafft man es, mit einem Restaurant nicht sofort pleite zu gehen

„Stagnation ist der Feind. Der Geschmack der Gäste verändert sich und genauso müssen auch wir das tun.“ Für David LeFevre sind das ständige Streben nach Perfektion und ein Wertschätzen der Gäste die Schlüssel zum Erfolg.

In der Gastronomie und auf der Kochschule wird einem immer gesagt, dass die wenigsten Restaurants fünf Jahre bestehen.

Die meisten Restaurants scheitern nach drei oder vier Jahren. Mein Restaurant Manhattan Beach Post feiert gerade sein fünftes Jubiläum—das ist ein ziemlicher Meilenstein für mich und ich fühle mich wie der glücklichste Mensch auf der Welt. Rückblickend glaube ich, dass viel davon abhängt, dass man ein konstant gutes Angebot hat und dass dem gesamten Team das Wohl Gäste wirklich am Herzen liegt—aber auch, dass man sich um sein Team kümmert

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Bis heute ist es so, dass ich bei jedem Bewerbungsgespräch dabei bin. Um in dieser Branche Erfolg zu haben, muss man mit den richtigen Menschen zusammenarbeiten. Je größer ein Restaurant wird, desto wichtiger wird es, mit Kollegen zu arbeiten, die die gleiche Motivation und die gleichen Werte teilen— Integrität, Respekt und Bescheidenheit. Darin liegt der Schlüssel zum Erfolg.

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Im Manhattan Beach Post

Fünf Jahre klingt erst mal nach einer Ewigkeit für ein Restaurant, aber es liegt noch so viel vor uns. Ein Restaurant ist niemals perfekt. Mir ist es wichtig, dass wir mit jedem Tag besser werden, entweder beim Service oder mit neuen, bequemeren Stühlen oder indem wir das Menü neu gestalten, mit ausgefalleneren Gerichten, um auch am Puls der Zeit zu bleiben: Yakitori mit Hühnchen und Austern, Entenflügel, Kalbsbries.

All das hilft uns dabei, immer weiter zu wachsen und sich nicht auf den Lorbeeren auszuruhen.

Deshalb haben wir dieses Jahr auch einen Pâtissier eingestellt. Mir gefallen unsere Brote und unser Desserts, aber mir war es wichtig, dass wir jemanden im Team haben, der dem ganzen eine noch kreativere Note verpasst. Dadurch konnte ich auch persönlich wachsen, denn ich musste mehr über Brot lernen.

Bacon Cheddar Buttermilk Biscuits by Rick Poon

Buttermilchbrötchen mit Speck und Cheddar

Wenn man wachsen will, kann das auch heißen, dass man mehr selbst macht, zum Beispiel seine eigenen Teigblätter für die Dumpings, statt die fertigen zu kaufen, die man einfach so hinnimmt und nicht wertschätzt—denn L.A. ist immerhin eine der Dumpling-Hauptstädte der USA. Entwicklung heißt auch, sich mal in unbekannte Gefilde zu begeben und dadurch zu lernen, gerade auch nach fünf Jahren. Oft hat so ein Sprung ins kalte Wasser etwas mit Essen zu tun, manchmal geht es aber auch darum, den Zusammenhalt im Team zu verbessern—als Teamchef muss man andere Menschen inspirieren und motivieren können. Zur Zeit denke ich viel darüber nach, wie ich das Leben der Menschen in meiner Umgebung verbessern könnte—meiner Crew, meines Managements und vom Rest des Teams.

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Couscous im Manhattan Beach Post

Auszeichnungen und gute Kritiken sind toll, aber was mich wirklich motiviert und mich und mein Team voranbringt, ist ständige Selbstreflexion: Was müssen wir tun, damit wir besser als gestern sind? Das ist sicherlich für jeden anstrengend, aber so muss man meiner Meinung nach denken, um seine Ziele zu erreichen und trotzdem bescheiden zu bleiben. Das fünf Jahre lang durchzuziehen ist extrem hart und einige sagen vielleicht: „Wow, David ist auch nie zufrieden." Oder: „Nichts ist gut genug für ihn." Das stimmt, ich bin nie zufrieden und nichts kann gut genug sein, aber das hier ist nun mal ein Lebenswerk.

Das heißt aber auch nicht, dass man harte Arbeit nicht auch anerkennen sollte—das ist extrem wichtig.

Jeder in meinem Team weiß aber auch: Wir können nur gut sein, wenn wir an jedem Abend alles geben und der Service immer stimmt. Das ist besonders wichtig. Unsere Gäste heute sollen genauso glücklich sein wie die vor einem Jahr oder fünf Jahren.

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David LeFevre

Einen Fehler habe ich aber wahrscheinlich gemacht: Ich dachte, dass jeder das gleiche Talent und den gleichen Elan beim Kochen hat wie ich. Es ist einfach unrealistisch von anderen dasselbe zu erwarten wie von mir. Das heißt aber nicht, dass man nicht voneinander lernen kann. Jeder hat eben andere Fähigkeiten und Schwachstellen. Rückblickend wäre es vielleicht besser gewesen, wenn ich mich vor zehn oder fünfzehn Jahren mehr darauf konzentriert hätte, wie man besser Wissen vermittelt und nicht nur wie man besser kocht.

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Und ich bedauere, dass ich manchmal nicht genug Geduld habe und launisch werde. Ich musste mir bewusst werden, dass diese Menschen alles unglaubliche Persönlichkeiten sind und höchstwahrscheinlich ihr Bestes geben und nur die besten Absichten haben.

Wenn ich bei einem Restaurantbesuch gespürt habe, dass es den Leuten wichtig war, mich glücklich zu machen, waren das die besten Momente für mich. Darin liegt meiner Meinung nach der Hauptunterschied zwischen einem Essen, an das man sich gern erinnert und einem, an das man schneller vergisst. Als Restaurantbesitzer bedeutet es mir sehr viel, dass sich ein Gast die Zeit nimmt und zu uns zum Essen kommt. Wann hat ein Gast das letzte Mal wirklich Danke gesagt? Manchmal ist die Lösung ganz einfach: zurück zu den Grundlagen der Gastronomie.

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„Elvis", ein Desser im Manhattan Beach Post

Von Anfang an war unser Restaurant gut besucht und wir sind mit jedem Jahr gewachsen. Jetzt muss man es schaffen, dass alles so gut weiterläuft und man auch noch mehr Leute anzieht—das macht einem schon ein bisschen Angst. Bis heute gibt es keinen Tag, an dem ich mir denke: „Ach, das klappt schon alles." Ich glaube, andere Köche sehen das genauso. Stagnation ist der Feind. Der Geschmack der Gäste verändert sich und genauso müssen auch wir das tun.

Man muss fortwährend bereit sein, sich auch weiterzuentwickeln.

Aufgezeichnet von Javier Cabral

Sternekoch David LeFevre ist Co-Besitzer der Restaurants Manhattan Beach Post, Fishing With Dynamite und The Arthur J. Er macht sich nicht nur Gedanken darüber, was er in seinen Restaurants verbessern kann, sondern auch über die Zukunft von Fisch.