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Interview

Diese Apnoetaucherin tötet Oktopusse mit ihren Zähnen

Kimi Werner ist eine Wonder Woman aus Hawaii, die unserer aller Traum lebt: Sie ernährt sich jeden Tag von frischen Meeresfrüchten, die sie selbst gefangen hat, und wird fürs Surfen bezahlt. Wir haben sie gefragt, wie es sich anfühlt.

Willkommen zu unserer neuen Kolumne Jäger & Sammler, in der wir euch die einfallsreichen—und hungrigen—Leute vorstellen, die ihr Essen in der Natur sammeln, anstatt sich auf den Supermarkt zu verlassen.

Ist es im Jahr 2015 überhaupt noch möglich, sich komplett von den Gaben der Natur zu ernähren, wenn man in einem zivilisierten, westlichen Land lebt? Das würde bedeuten, dass man nur die Tiere, die man gejagt hat, und nur die Pflanzen, die man selbst angebaut oder gepflückt hat, isst—und kein Sklave der Nahrungsmittelindustrie ist.

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Für Kimi Werner—eine hawaiianische Wonder Woman/Göttin, Köchin, Model und Apnoetaucherin, die ihren Atmen 4 Minuten und 45 Sekunden anhalten kann—ist die Antwort ein klares Ja. Sie lebt unserer aller Traum, als wäre es keine große Sache: Ihre Heimat ist Hawaii, sie ernährt sich jeden Tag von frischen Meeresfrüchten und wird fürs Surfen bezahlt. Ihr müsst nur kurz einen Blick auf ihr Instagram-Profil werfen und ihr wisst schon, wovon wir sprechen.

MUNCHIES hat Kimi ausfindig gemacht und sie an der Nordküste von Oahu getroffen. Wir haben sie gefragt, wie sie zu diesem Lifestyle gekommen ist, wie es sich anfühlt, einem Oktopus den Kopf abzubeißen und wie man mit 35 Jahren immer noch aussieht wie ein Sports Illustrated-Model.

MUNCHIES: Stimmt es, dass du mitten im Meer Oktopussen den Kopf abbeißt?
Kimi Werner: Man beißt ihnen den Kopf nicht ab, man beißt nur hinein, damit ihr Gehirn zermalmt wird und so sind sie sofort tot.

Wie schmeckt das? 
Nur salzig, sehr salzig. Meistens ist man sowieso unter Wasser, also schmeckt man hauptsächlich das Meerwasser. Wenn man den Geschmack von Oktopus kennt, klar, dann schmeckt es schon danach. Aber wenn man das nicht weiß, ist es einfach nur salzig.

Hattest du schon mal das Problem, dass der Oktopus zu groß war, um ihn in den Kopf zu beißen? einer mit zu großem Kopf, aber bei richtig großen Oktopussen sind die Tentakel so lang, dass sie sich um dich und die Maske klammern. Der letzte, den ich gefangen habe, wog fast fünf Kilo. Seine Tentakel waren viel länger als meine Arme und er wickelte sich um mich herum, egal wie lang ich meinen Arm ausstreckte. Bis ich wieder an der Wasseoberfläche angekommen war, hatte er mir das Bikinioberteil ausgezogen. Ich war also oben ohne und drehte durch, mitten im Ozean. Der Oktopus saugte sich immer noch mit ganzer Kraft an meinem Rücken fest. Irgendwann bekam ich seinen Kopf zu fassen und biss hinein. Die großen sind viel schwieriger.

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Da denkt man direkt an japanische Tentakel-Erotik. Hast du dich dabei verletzt? Ja. Als ich mit dem fertig war, hatte ich überall auf meinem Körper „Oktopus-Knutschflecken" von den Saugnäpfen.

Hattest du Angst? Nein, ich lachte mich kaputt. Meine Freundin Jessica war dabei und sie konnte nicht aufhören zu lachen, weil ich halbnackt war. Ich hatte es gar nicht bemerkt, erst als ich mich wieder beruhigte.

Hast du den dann gegessen?
Ja, er schmeckte fantastisch. Ich habe ihn mit einem groben hawaiianischen Meersalz eingerieben, das in einem Gezeitentümpel hier in der Nähe abgebaut wurde. Dadurch geht der Schleim weg und er wird schön weich. Dann habe ich ihn in Bier gekocht. Wenn ich dann irgendwann eine warme Mahlzeit möchte, brate ich ihn in mundgerechten Stücken mit Butter und Knoblauch an, dazu ein bisschen Blattkohl, den ich in meinem Garten anbaue, und etwas Kokosmilch. Reis passt super dazu. Wenn ich lieber ein kaltes Gericht möchte, mache ich ein schnelles Ceviche und esse dazu Tortillachips.

Wie viel Prozent der Nahrungsmittel, die du täglich isst, beschaffst du dir selbst durch Tauchen, Jagen oder den Anbau?
Mindestens 75 Prozent. Meine wichtigste Eiweißquelle sind wildlebende Tiere: Fisch, Hummer, Krabben, Oktopus, alles aus dem Meer. Jagen gehe ich nur ein Mal pro Woche und egal, wie klein oder groß die Beute ausfällt, ich teile sie immer. Und dann teilen die Leute auch ihr Essen mit mir, das ist super. Gerade vor ein paar Tagen bekam ich frisches Wildfleisch von einem Jäger aus der Gegend, weil ich ihm Fisch gegeben hatte. Ich bekomme auch viele Früchte wie Bananen und Avocados von meinen Nachbarn. Wenn ich etwas nicht selbst beschaffen habe, dann jemand in meinem Umfeld.

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Gehst du überhaupt noch im Supermarkt einkaufen?
Ja, auf jeden Fall, aber viel seltener als früher. Meistens wegen der ganzen Kohlenhydrate, die ich nicht selbst anbauen und herstellen kann, wie Reis, Mehl, Brot und Olivenöl.

Wenn wir schon bei Brot und Reis sind … Was hältst du von der Paleo-Diät?
Der Großteil meiner Mahlzeiten besteht aus Gemüse und Eiweiß, aber ich glaube nicht an daran, dass man so extrem leben muss. Für mich ist es eine große Befriedigung, mein eigenes Essen zu fangen oder zumindest zu wissen, dass es von einer Person stammt, die ich kenne. Ich finde es wichtig, die Geschichte hinter den Nahrungsmitteln zu kennen. Das macht Essen zu einer viel innigeren und bedeutungsvolleren Erfahrung für mich.

Hast du dir schon einmal ausgerechnet, wie viel Geld du dir sparst, indem du nicht mehr so oft im Supermarkt einkaufst?
Nein, das habe ich noch nie ausgerechnet, aber ich würde sagen, verdammt viel. Ich gebe nicht besonders viel Geld aus und ich koche gerne. Ich koche im Grunde den ganzen Tag. Fleisch oder Fisch kaufe ich nur selten im Supermarkt und auch kaum Gemüse.

Nach Hause zu kommen und etwas zu essen zu haben, dass ich selbst gefangen habe, war ein unglaubliches Gefühl. Es schmeckte so viel besser und ich war einfach nur glücklich. Es fühlte sich gleich an, wie wenn man verliebt ist.

Wie bist du zu diesem Lifestyle gekommen?
Ich wurde so erzogen. Ich bin in einem sehr ländlichen Teil von Maui aufgewachsen und meine Eltern waren sehr arm. Es gab in der Umgebung keine Supermärkte und wir hatten auch kaum Nachbarn. Ich habe also immer schon so gelebt, früher war mein Leben noch verrückter als heute. Meine Eltern gruben eine riesige Grube in unserem Garten und legten heiße Lavasteine und Bananenblätter rund herum. Wir kochten oft Tiere, die meine Eltern züchteten: Truthähne, Hühner, Perlhühner, Kaninchen und Kühe. Mein Vater war außerdem Speerfischer und meine Mutter Sammlerin. Später verdienten meine Eltern mehr Geld, mein Vater als Bauarbeiter und meine Mutter machte eine Ausbildung und wurde Krankenschwester.

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Wir zogen in eine größere Stadt und wurden eine „normale" Familie, wir kauften unser Essen im Supermarkt und gingen in Restaurants essen, aber für mich war das eine schwierige Umstellung. Ich vermisste unser altes Leben. Ich erinnere mich, wie ich das erste Mal Eier aus dem Supermarkt aß und sie so eklig fand.

Irgendwann gewöhnte ich mich an unser neues Leben, aber ich hatte immer diese wunderbaren Erinnerungen an meine Kindheit. Ich ging immer davon aus, dass diese Tage eben vorüber waren, bis ich die Schule abschloss. Ich zog nach Oahu, machte eine Kochausbildung und dachte mir: Warum sollte ich eigentlich heute nicht so leben können wie früher? Ich nahm einfach einen Speer und ging im Meer fischen. Es war toll. Zuerst fing ich nur ganz kleine Fische, aber nach Hause zu kommen und etwas zu essen zu haben, dass ich selbst gefangen habe, war ein unglaubliches Gefühl. Es schmeckte so viel besser und ich war einfach nur glücklich. Es fühlte sich gleich an, wie wenn man verliebt ist.

Was ist dein Geheimnis, dass du mit 35 immer noch so aussiehst?
Salzwasser—das reinigt—und jeden Tag Meeresfrüchte essen. Grundsätzlich glaube ich, dass das Wichtigste ist, ein Leben voller Leidenschaft zu führen. Man muss sich selbst erlauben, glücklich zu sein und Dinge zu tun, die einem Freude bereiten. Kinder sind darin am besten und das ist das Geheimnis, um jung zu bleiben.

Stimmt es, dass du den Atem 4 Minuten und 45 Sekunden anhalten kannst? Um seinen Atem anhalten zu können, muss man in der Lage sein, sich zu entspannen, ruhig zu werden und alle Ängste loszulassen. Man muss präsent sein und dem Moment positiv gegenüberstehen. Wenn ich jagen gehe, halte ich den Atem nur zwei Minuten an, damit ich noch Zeit habe, falls etwas schief geht. Aber ja, das ist die längste Zeit, die ich geschafft habe.

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Warst du schon einmal in einer brenzligen Situation?
Die schlimmsten Situationen waren, wenn meine Tauchpartner ohnmächtig wurden. Wenn man seinen Atem zu lang anhält, wird man ohnmächtig. An Land verliert man das Bewusstsein, atmet aber weiter. Unter Wasser ist das nicht das Gleiche, weil man Meerwasser einatmet und im Grunde sofort stirbt. Die Situationen, in denen ich am meisten Angst hatte, waren, wenn ich meine Partner unter Wasser packen und mit ihnen hoch an die Oberfläche schwimmen musste, um sie wieder zum Atmen zu bringen.

Aale sind auch ziemlich unheimlich. Oft jage ich Fische in Höhlen und dann kommen sie mit ihren scharfen Zähnen auf mich zu. Haie auch—wenn ein großer Tigerhai auf dich zuschwimmt und dir den Fisch aus den Händen reißt, bekommt man auf jeden Fall Angst.

Hast du irgendwelche Ratschläge für alle, die ihr Leben hinter sich lassen, nach Hawaii ziehen und so ein Leben wie du führen möchten?
Mein einziger Rat lautet, es aus Gründen zu tun, die gut für den Ozean und den Planeten sind. Der Ozean schenkt uns so viel: Spaß, Essen, Glück. Es liegt in unseren Händen, uns um ihn zu kümmern und ich glaube, es ist die Verantwortung der Jäger, die Verwalter des Ozeans und für alle anderen ein Vorbild, Botschafter des Ozeans zu sein.

Vielen Dank fürs Gespräch.