Kuhschädel sorgen für den besten Wein

FYI.

This story is over 5 years old.

Weinherstellung

Kuhschädel sorgen für den besten Wein

Das Summerhill-Weingut produziert seine Weine biodynamisch. Die Techniken—darunter die Fermentation von Blüten in Tiereingeweiden—werden unter der strengen Befolgung des astrologischen Kalenders umgesetzt. Was manche vielleicht für Hippie-Quatsch...

Die Nachbarn waren ganz aufgebracht. Die Einwohner von Kelowna, einer pastoralen Gemeinschaft in British Columbia Southern Interior, ist ausgesprochen gottesfürchtig. Als der ehemalige Projektentwickler im Immobilienbereich und heutige Winzer Stephen Cipes aus New York dort hin zog und seine Summerhill Pyramid Winery im Jahr 1992 erbaute, dachten die Leute, der Teufel höchstpersönlich sei gekommen. „Das hier ist der Bibelgürtel Kanadas," erklärt Stephens Sohn Gabe, der die biodynamischen Tätigkeiten des Weinguts leitet, das den Okanagan Lake überblickt. „Kelowna hat sich stark verändert, aber früher war es sehr isoliert und engstirnig. Damals zeichneten mir Mitschüler Swastikas auf meinen Tisch. Sie dachten wirklich, dass wir hier oben Satan huldigen."

Anzeige

In diesem Wein ist jedoch kein Dämon versteckt. Summerhill verlässt sich nicht auf die Machenschaften des Teufels, sondern auf die Lehre von Rudolf Steiner, ein anthroposophischer Philosoph, der die biodynamische Methode der ganzheitlichen Landwirtschaft im Jahr 1924 begründete. Bei dieser Technik wird der astrologische Kalender streng berücksichtigt und es gibt neun „Präparate", mit Hilfe derer der Kompost mystische Eigenschaften bekommen soll, die das Wachstum der Pflanzen unterstützen—ganz ohne Pestizide oder chemische Düngemittel. Zu den Präparaten gehören Blumen, die in verschiedenen Teilen von Tiereingeweiden fermentiert werden und Düngemittel von einer säugenden Kuh, das in ein Horn gestopft wird und unter dem Erdboden reift.

Obwohl so mancher diesen Ansatz schnell als irgendwelchen Hippie-Quatsch abstempelt—oder als unverblümtes Herausfordern der dunklen Kräfte—sollte erwähnt werden, dass die Weine von Summerhill, besonders die Schaumweine, regelmäßig in den weltweiten Top 20 landen und dass es der einzige kanadische Produzent mit dieser Auszeichnung ist. Wer braucht schon Satan, wenn er diese Art von Lorbeeren erntet?

500 lactating cow manure _ cow horn

Präparat 500: Düngemittel von einer säugenden Kuh in Kuhhörnern. Nachdem es vier Monate lang eingegraben war, verändert sich das Düngemittel zu einem trockenen, süßlich riechenden Produkt, das verbrauchte Erde wieder auffrischt.

500inPyramid

Präparat 500 nach der Fermentation.

Anzeige
501 silica _ cow's horn also 508 Horsetail tea

Präparat 501 (Kieselerde und Kuhhorn) und 508 (Schachtelhalmtee).

502 in Ash Tree

Präparat 502—Schafgarbenblüten fermentiert in einer Hirschblase–in einem Baum zum Durchlüften. „Die Blase ist so winzig, dass ich die Blumen mit einem Stöckchen reinstopfen muss, aber sie hält es schon aus", sagt Gabe. „Die Blase dehnt sich aus und zieht sich wieder zusammen. Wir trocknen es in zusammengezogenem Zustand. Das hat mit den Abläufen des Universums zu tun, die wir hier versuchen nachzuahmen."

502 yarrow stagg's bladder

Schafgarbenblüten, bevor sie in die Blase kommen.

503 chamomile intestine

Präparat 503: Getrocknete Kamille wird mit einem Trichter und einem Stock in Kuhinnereien gestopft und dann in einem Tontopf von Herbst bis Frühling vergraben. Das trägt dazu bei, dass Kalzium und Stickstoff vom Boden besser verarbeitet wird. „Das Organ löst sich im Grunde während des Prozesses auf, es dient nur als Behälter", sagt Gabe.

505 Gabe_Oak bark in skull

Präparat 505: „Der Schädel ist mit weißer Eichenrinde gefüllt, in Blättern eingewickelt und unter Wasser vergraben, damit das Präparat in einem anaeroben Prozess verarbeitet wird—ohne Luft also. Wenn du die Rinde wieder aus dem Schädel rausnimmst, hat sie diesen sehr speziellen Geruch und ist leuchtend pink. Dieses Präparat erhöht den pH-Wert der Erde ohne Kalkdüngung."

505

Präparat 505 in einer Esche.

506 Chamomile _ mesentery

Präparat 506: Kamille in Gekröse. „Das ist das Bauchfell der Kuhmagen—es hält alles zusammen," sagt Gabe. „Wir formen eine Art Fußball aus Löwenzahn und wickeln ihn in Bauchfell." Das zieht die Kräfte des Planeten Jupiter an und sorgt für Kalium.

Anzeige
Elisse

Elise, eine Freiwillige der Summerhill Pyramid Winery, trifft im Garten Vorbereitungen, um Präparate zu vergraben. „Meine Eltern haben ein Weingut außerhalb von Bordeaux, wo es nur sehr wenig biologischen Wein gibt", sagt sie, „ich bin also hier, um darüber zu lernen und dieses Wissen nach Frankreich mitzunehmen."

Horns

Kuhhörner, die bald gefüllt werden.

Pinot Noir_Sparkle

Pinot Noir-Trauben für Schaumwein.

preparations on leaf

„Um das Düngemittel im Boden zu verteilen", sagt Gabe, „nehme ich ungefähr ein Gramm des Präparats und gebe es alle 3,5 m in Erde—einfach mit einem Stock."

pyramid

Die Pyramide als Namenspatron des Weinguts. „Durch ihre Form kreiert die Struktur einen Wirbel, auf den Materie reagiert, wenn sie darin eingeschlossen ist—besonders Flüssigkeiten", sagt Gabe. „Es ist die gleiche heilige Geometrie wie in römischen Bogengängen, die es in alten französischen Kellern gibt, der Goldene Schnitt mit dem Teilungsverhältnis 1,618. Die Spirale, sie verkörpert uns. Es ist ein Ruheraum, in dem sich die Weine aus eigener Kraft zentrieren."

PyramidTop_quartz

Die Decke der Pyramide.

RainwaterPreparation

Präparat 504: Brennnesseltee. „Durch die Art, wie wir biodynamisch umrühren–mit dem Uhrzeigersinn und dann gegen den Uhrzeigersinn–entstehen all diese Fraktale. Entropie geht aus der Ordnung hervor und dreht sich in die Unendlichkeit weiter."

scilica_sun

Kieselerde in der Sonne.

tea

Präparat 508: Schachtelhalmtee. „Ich ernte den Schachtelhalm, koche ihn 20 Minuten lang und dann lasse ich ihn vier Tage stehen", sagt Gabe. „Es ist ein sehr potentes Gebräu, mit dem wir den Boden und Baumstämme einsprühen, um Schimmel zu verhindern. Es unterdrückt Schimmel. Viele Bauern schwören darauf, nicht nur in der Biodynamik."

Anzeige
teepee

Ein Tipi auf dem Weingut.

view1

„Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, bis sich unsere Art der Arbeit in der Welt durchsetzen wird", sagt Gabe, „aber ich glaube daran, dass wir ein gutes Beispiel setzen, wie das eigene Potential auf verschiedene Wege optimal ausgenützt werden kann. Es geht nicht nur darum, guten Wein herzustellen, sondern zu zeigen, dass magische Dinge passieren können, wenn du mit der Naturordnung zusammenarbeitest."

view2

Blick auf den See vom Grundstück des Summerhill-Weinguts.

view3

„Biodynamik repräsentiert, wie wir als Familie ausgerichtet sind", sagt Gabe. „Wir sind viel gereist und haben biodynamische Weinhersteller besucht und haben gesehen, wie sehr auf die kleinsten Details geachtet wird, auf den Nutzen des Ökosystems und der unberührten Natur. Es wird ein bisschen dauern, bis die Leute das verstanden haben. Wir arbeiten schon seit 25 Jahren biologisch und bis vor kurzem wusste keiner, was das bedeutet."