Diese Street-Food-Königin macht die besten Bánh Mì
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Sandwich

Diese Street-Food-Königin macht die besten Bánh Mì

Nguyễn Thị Lộc hat Street Food förmlich im Blut: Seit 30 Jahren verkauft sie bánh mì, mit Köstlichkeiten vollgepackte Sandwiches, an ihrem kleinen Stand—und Einheimische und Touristen lieben ihre Kreationen. Bei dieser Frau ist man wirklich in...

Du weißt, dass du im richtigen Laden gelandet bist, wenn auf der Karte nur ein Gericht steht. Und bei der Bánh-Mì-Königin Nguyễn Thị Lộc bist du definitiv in guten Händen.

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Nguyễn Thị Lộc ist 79 Jahre alt und macht die besten bánh mì in Hội An—und wahrscheinlich in ganz Vietnam. Bánh mì sind vietnamesische Sandwiches, übersetzt bedeutet das Wort soviel wie „Brot". Die Sandwiches von Nguyễn Thị Lộc ziehen ganze Touristenscharen nach Hội An, einer Küstenstadt mit gemütlichen Promenaden-Cafés, einem Laternenmarkt und einer großen Partyszene.

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Ihr Imbiss liegt 15 Gehminuten nördlich des Flusses Thu Bồn in einem weniger touristenüberfüllten Teil der Stadt. Seit fast 50 Jahren verkauft sie Street Food und seit 30 Jahren hat sie ihren Laden an diesem Ort, ein spartanisches Lokal mit vier Tischen hinter dem Sandwich-Stand, der ein wenig in denGehweg hineinragt.

Lộc gilt nicht nur als die Königin der bánh mì, sondern wird manchmal auch „Madam Khánh" genannt. Ein wenig irreführend, denn das ist der Name ihres Mannes, den sie nie angenommen hat. Akzeptiert hat sie diesen Spitznamen trotzdem voll und ganz. Über der Markise hängt ein Schild: „MADAM KHANH THE BANH MI QUEEN." Sie ist eine echte Street-Food-Ikone.

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Zwischen sieben Uhr morgens und sieben Uhr abends macht sie bis zu 200 Sandwiches, eines wie das andere: Es besteht aus Pastete, char siu (Schweinebraten), Wurst, einem Spiegelei, eingelegten Karotten, Papaya, Petersilie, Chili-Sauce, Soja-Sauce und ihrer geheimen Sauce. Ein gut ausbalanciertes Sandwich: süß und salzig, scharf und doch einfach, knusprig und trotzdem irgendwie cremig und saftig.

Nguyễn Thị Lộc hat Street Food förmlich im Blut. Mit 20 verkaufte sie eine Art süße „Bohnensuppe"—die nach westlichen Standards eigentlich keine Suppe ist: Sie sieht eher aus wie ein Smoothie mit Augäpfeln, geleeartig, halbtransparent und wird auf Eis serviert. Doch dieses Getränk ist überraschend süß und erfrischend. Während des Vietnamkrieges konnte sie ihr Essen nur von Zuhause aus verkaufen, auch wenn die Kämpfe nicht direkt in Hội An stattfanden. Nach dem Krieg hat sie ihre „Suppen" in den Straßen verkauft—aufgehangen an einer Bambusstange, die sie auf dem Rücken trug. Schließlich hat sie 1985 ihren Bánh Mì-Laden in ihrem Haus eröffnet.

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Sie will jeden Gast beeindrucken und ihm ein unvergessliches Sandwich servieren. Nichts macht sie glücklicher, als Briefe von Touristen, die ihr schreiben, wie lecker sie das Bánh Mì fanden. Diese Briefe bewahrt sie in einer Vitrine hinter ihrem Stand auf. Und sie muss auch gestehen, dass sie traurig ist, wenn die Touristen sie schnell vergessen, wenn das Bánh Mì für sie nur ein beliebiger Snack war.

„Ich achte auf jeden Schritt, damit es ein perfektes Sandwich wird: Wie ich das Fleisch schneide, welches Gemüse ich nehme, wie ich die Eier koche… Es soll die Touristen glücklich machen", erzählt mir mein Dolmetscher Nguyên Trần Trung.

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Mit ihrer perfektionistischen Herangehensweise an Street Food ist sie berühmt geworden. In Vietnam muss man nicht in Restaurants essen gehen, Street Food ist billiger und besser. Und weil es so beliebt ist, hat die Regierung Hygienemaßnahmen eingeführt, damit weiter viele Touristen kommen—doch manchmal wird man diesen Standards nicht gerecht. Dennoch ist vietnamesisches Street Food ein fester Teil der internationalen Szene geworden, auch dank Street-Food-Botschaftern wie Nguyễn Thị Lộc.

Jeden Tag kauft sie gemeinsam mit ihrem Mann Bùi Văn Khánh die Zutaten des Tages und bereitet alles vor. Wenn sie vom Markt zurück sind, werden auch schon die Baguettes geliefert, eines der wenigen kulturellen Überbleibsel der Zeit der französischen Kolonialzeit. Das Brot wird jeden Morgen in Hội An frisch gebacken und ist außen schön knusprig und innen schön luftig—die perfekte Balance.

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Sobald ihr Laden geöffnet hat, wartet sie an ihrem Stand und beobachtet die vorbeirasenden Motorroller. Ihre Schwägerin und ihre Tochter bedienen die Gäste, die zum Essen bleiben; ihr Mann geht vor dem Laden auf und ab, die Hände auf dem Rücken verschränkt, ohne ein Wort zu sagen. Nachmittags kommt ihre Enkelin und unterhält sich mit den Einheimischen.

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Beim Sandwich gibt es zwei Preise, wie bei allem in Vietnam. Den Preis für die Einheimischen von 8.000 bis 10.000 Đồng (circa 35 bis 50 Cent) und den für ausländische Kunden von 20.000 Đồng (circa 85 Cent). Wenn man als Tourist so schlau ist und mit ihr handelt, gibt Lộc gerne Rabatt.

Ihr macht es unglaublichen Spaß, jedes Sandwich mit verschiedenen Zutaten vollzupacken. Dann reicht sie es ihren Kunden in einer Tüte, denn es ist so saftig, dass alles auf die Kleidung tropfen würde.

„100 Prozent meiner Kunden essen das Sandwich und finden es klasse—niemand war bis jetzt enttäuscht", sagt sie mit einem bescheidenen Lächeln.

Und ihre Sandwichliebe hat sie auch auf ihre Tochter Bùi Thị Nga weitergeben, sie soll irgendwann, wenn Lộc in Rente geht, das Geschäft übernehmen. Doch noch hat Lộc die Zügel in der Hand.

„Manchmal möchte ich, dass sich meine Mutter zur Ruhe setzt, aber ich habe auch Angst, dass sie krank wird, wenn sie aufhört", meint Nga. „Sie muss irgendwas tun, damit sie gesund bleibt."

Und das schient auch Lộc so zu sehen, die Sandwiches halten die Königin der bánh mì am Leben.

In Hội An gibt es unzählige Stände, an denen bánh mì verkauft werden, doch Nguyễn Thị Lộc wird von Einheimischen und Touristen für ihre Sandwiches bewundert, sie hat keine Angst vor der Konkurrenz. Ihr Name ist stadtbekannt, wie sie meint, und ihr Ruf eilt ihr voraus. Sie ist eine wahre Ikone des vietnamesischen Street Food und jeder Tourist in Vietnam muss eines ihrer bánh mì gegessen haben.