FYI.

This story is over 5 years old.

Sushi

Japan wehrt sich gegen schlechtes Sushi

89.000 japanische Restaurants gibt es auf der Welt. Das Problem: Die meisten sind schlecht. Die japanische Regierung will dagegen angehen. Mit Zertifikaten.

Seit Mitte der 90er das erste Sushi in Frankfurt übers Fließband schipperte, sind die kleinen Reisschiffchen nicht mehr wegzudenken. Mittlerweile muss man nicht einmal mehr in ein Restaurant gehen, um sich leckere Fischröllchen zu gönnen, es reicht auch ein Besuch bei der nächsten Tankstelle oder im Supermarkt um die Ecke. Sushi als Fertiggericht? Da bleiben auch Lebensmittelskandale nicht aus. In den USA ging das sogar so weit, dass Billigfisch als Edelprodukt verkauft wurde, so eine Studie aus dem Jahr 2012. Statt Thunfisch waren die meisten Röllchen mit Escolar gefüllt, einem Fisch, der bei übermäßigem Verzehr Durchfall verursachen kann.

Anzeige

Scheint so, als hätte Sushi eigentlich nur noch den Namen mit dem japanischen Original gemeinsam. Das schmeckt der japanischen Regierung überhaupt nicht, sodass sie jetzt versuchen, dem Sushi seine ursprüngliche Bedeutung wieder zurückzugeben: Wie muss etwas hergestellt sein, damit es den Namen Sushi verdient? Eine globale Qualitätsinitiative und ein Zertifikat soll die Qualität von Sushi und anderer kulinarische Exporte aus Japan weltweit verbessern.

Jeder, der schon einmal die Möglichkeit hatte, einem echten Sushi-Meister über die Schulter zu schauen, weiß, dass echtes Sushi mehr als nur Essen ist. Es ist wahre Kunst. Einige der Sushi-Künstler müssen, bevor sie überhaupt ein Messer anrühren dürfen, erst einmal jahrelang lernen, den Reis richtig zu formen. Wer richtig Sushi macht, geht mit einer unvergleichlichen Detailverliebtheit vor und behandelt seine Zutaten mit Respekt. Ein Besuch auf dem Tsukiji-Markt, das Fischmekka in Tokio, wo die Sushi-Köche ihre Zutaten kaufen, kommt einer spirituellen Erfahrung gleich. Doch diesen Ort wird es nicht mehr lange geben, im nächsten Jahr muss er umziehen.

Diese Einstellung zum Sushi ist vielen ausländischen Köchen aber flöten gegangen. Mit offiziellen Richtlinien und einemZertifikat für original japanische Küche will die japanische Regierung das nun ändern—oder zumindest den Verbrauchern die Möglichkeit geben, in Sushi-Restaurants zu speisen, die als solche von offizieller Seite zertifiziert wurden. Teil des Programms sind Zertifikate für Sushi-Köche, die nach Japan kommen, um die echte japanische Küche zu erlernen. Sie sollen lernen, wie sie das Essen präsentieren und wie sie mit den Gästen umgehen.

Anzeige

Die Zertifikate übernehmen damit die Rolle eines Restaurantführers für japanische Küche. Die Kurse werden von privaten Restaurants und anderen Einrichtungen angeboten und fokussieren sich vor allem auf Grundlegendes wie zum Beispiel Lebensmittelhygiene und -sicherheit.

„Ziel ist es, Richtlinien für Kochtechniken der japanischen Küche aufzustellen. In Japan arbeitet man oft mit rohen Zutaten wie zum Beispiel Fisch, daher gibt es spezielle Anforderungen an die Hygiene und an die Fertigkeiten der Köche", so die japanische Botschaft in den USA.

Aber Lebensmittelhygiene ist nicht das einzige Problem: Die japanische Küche breitet sich rasant auch in die entlegensten Ecken der Welt aus. Im Juli 2015 wurden weltweit 89.000 japanische Restaurants gezählt, das ist das 1,6-Fache des Vorjahres.

Natürlich freut man sich in Japan darüber, aber die Standards sind eben oft nicht auf dieselben wie im Ursprungsland. In Paris werden die Teller mit den Sushi-Köstlichkeiten einfach nur auf den Tisch geschleudert—sehr zum Missfallen der Japaner. Durch das Zertifikat soll vor allem auch die kulinarische Philosophie dahinter—in Bezug auf Zutaten und Zubereitung in der japanischen Küche—, die washoku, mehr geschätzt werden.Genauso wie auch die französische Küche gehört die washoku zum immateriellenUNESCO-Weltkulturerbe.

„Es ist interessant und aufregend, wenn Köche neue Gerichte erfinden, die es in Japan nicht gegeben hätte, wie zum Beispiel die California Rolls", meint Akiko Katayama, Host und Produzent der US-Food-Radiosendung Japan Eats!. Allerdings gibt es einige Kreationen, die sich nicht an die Grundregeln halten und deshalb nicht zur japanischen Küche gehören können.

„Zum Beispiel hab ich mal von einem Restaurant gehört, das nicht von Japanern geleitet wurde, und bei dem die Miso-Suppe nur aus heißem Wasser und Miso-Paste bestand. Kein Dashi, nichts! Damit geht der Kern des Gerichts vollkommen verloren. Meiner Meinung nach darf man so etwas nicht Miso-Suppe nennen. California Rolls als japanisches Gericht zu bezeichnen finde ich in Ordnung, weil das Rezept auf den traditionellen Methoden basiert", so Aiko Katayama.

Selbst bei der Lebensmittelhygiene erfindet die Welt ihre eigenen Regeln, obwohl sie sich besser an den Japanern orientieren sollte, meint Katayama:

„In New York zum Beispiel sind Köche verpflichtet, Handschuhe zu tragen. Das ist kompletter Schwachsinn. Dadurch sind die Hände oder die Arbeitsflächen auch nicht sauberer—wahrscheinlich sogar im Gegenteil. Bei der traditionellen Methode, also wenn man immer wieder alles mit Essig abwischt, wie das seit jeher bei der Sushiherstellung in Japan gemacht wird, sind nie Lebensmittelvergiftungen aufgetreten."

Das Zertifizierungsprogramm steckt noch in Planungsphase, soll aber noch im Laufe des Jahres anlaufen.Es gab auch bereits Vorschläge, dass Köche, die länger als zwei Jahre in Japan arbeiten, eine Art Goldmedaille erhalten, bei einem halben Jahr gäbe es Silber und wer kürzer bleibt, bekommt Bronze. Hoffentlich kommt das neue System bald und man kann endlich ruhigen Gewissens echtes Sushi essen gehen.