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Fisch

Ein Michelin-Sternekoch über die Zukunft von Fisch

Sollten wir überhaupt noch Fisch essen? Wir haben einen Sternekoch gefragt.
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Blicken wir den Tatsachen ins Auge: Im Jahr 2015 Fisch zu essen, kann ganz schön heikel sein. Wir lesen von Überfischung, Ölteppiche, Strahlung, Quecksilber und Würmer. Mahlzeit!

Wir haben mit David LeFevre gesprochen, ein Michelin-Sternekoch, der sich auf Meeresfrüchte spezialisiert und Besitzer des gbeliebten Fishing With Dynamite direkt am Strand in Manhattan Beach in Kalifornien ist. Wir haben ihn gefragt, ob es in Ordnung ist, Zuchtfisch zu essen, welche Meeresfrüchte man vermeiden sollte und wie die Zukunft von Meeresfrüchten und Fisch aussieht—und schmeckt.

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MUNCHIES: Im März 2011 hast du ein Restaurant eröffnet und kurz danach passierte die Katastrophe von Fukushima. Hat sich das darauf ausgewirkt, woher du deinen Fisch beziehst? David LeFevre: Wir beziehen unsere Meeresfrüchte aus der ganzen Welt. Nach Fukushima verlagerten wir unseren Fokus einfach auf ein anderes Gebiet. In diesem Fall fingen wir an, Fisch aus Neuseeland und Australien zu kaufen.

Hast du dir Sorgen um die Auswirkung der Strahlung auf deine Meeresfrüchte gemacht? Am Ende kommt es auf die Beziehung zum Händler an, da sein Ruf auf dem Spiel steht und er es ist, der den Großteil der harten Arbeit erledigt. Er muss seine Ware von woanders kaufen. Ich habe mich zwar gut informiert, aber die besten Meeresfrüchte der Welt zu finden, ist die Aufgabe der Fischhändler.

Gibt es irgendwelche Fische oder Meeresfrüchte, die du aus Prinzip nicht auf deine Speisekarte schreibst? Ja, absolut. Der Grund dafür ist aber nicht das Erdbeben oder die Strahlung. Der Grund ist die Überfischung.

Der Blauflossenthun ist bekannterweise derzeit eine gefährdete Art. Es gibt immer noch zahlreiche Restaurants, die ihn servieren und ich verstehe einfach nicht, wie sie das mit gutem Gewissen tun können. Die technologischen Mittel wie Radargeräte und Flugzeuge sind stärker als die Methoden der Tiere, mit denen sie versuchen zu entkommen. Es wird zu viel Technologie eingesetzt, sodass die Wildbestände machtlos sind. Mit den Meeresfrüchte und all den hochtechnisierten Methoden des Fischfangs ist es nicht anderes.

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Heilbutt ist ein weiterer Fisch, den ich nicht serviere. Auch diese Art ist überfischt und ein Heilbutt erreicht seine sexuelle Reife erst später im Leben. Orange Roughy, Tintenfisch aus Europa, Belugastör und importierter Schwertfisch kommen bei mir ebenfalls nicht auf den Teller. Wieso sollte ich etwas servieren, das bald schon nicht mehr existieren könnte?

Erzähl uns ein bisschen etwas über deine Philosophie über regional gefangene versus importierte Meeresfrüchte. Wir versuchen immer, das beste Produkt auf der ganzen Welt zu finden, aber gleichzeitig muss es erschwinglich sein. Ich werde keine Königskrabbe um 100 Dollar für 30 g verkaufen. Ich suche nach dem qualitativ hochwertigsten Fisch, der bestmöglich behandelt und bei einer Temperatur von 0 bis 2°C gelagert wurde. Die Zeit, die zwischen Fang und Zustellung vergeht, spielt ebenfalls eine Rolle—36 bis 48 Stunden sind ideal für mich. Wir sind immer auf der Suche nach einem kühl gelagerten, frischen, nachhaltigen Produkt, das toll schmeckt. Das sind meine Kriterien.

Kannst du uns etwas über deine Philosophie zum Thema Wildfisch versus Zuchtfisch erzählen? Das ist ein sehr heikles Thema, weil es Menschen gibt, die seit Generationen von den Schätzen des Ozeans leben und die ihr Geld mit Fischen verdienen. Wenn wir weiterhin wilden Fisch haben wollen, müssen wir das Spielfeld und die Zahl der Fischer einschränken. Um ehrlich zu sein, bin ich der Meinung, dass wir das Aussterben vieler wilder Fische miterleben werden.

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Es fängt mit den größeren Arten an und arbeitet sich dann den Weg nach unten zu den kleineren, was ziemlich beängstigend sein kann, wenn man beispielsweise daran denkt, wie beliebt Garnelen momentan sind. Was werden wir essen, wenn es keine Garnelen mehr gibt? Krill? Plankton?

Ein weiterer sehr, sehr sensibler Aspekt dieses Themas ist die uninformierte Meinung, dass jeglicher Fisch aus Zucht schlecht ist, weil manche Leute glauben, dass alle Züchter ihren Fischen Beta-Carotin verabreichen und den Lachs so künstlich färben. Aber es gibt sehr viel guten gezüchteten Fisch wie der Skuna Bay-Lachs aus dem Pazifischen Nordwesten. Er schmeckt super. Bei Austern stammt ja auch der Großteil, den wir essen, aus Aquakulturen.

Ich glaube, in Zukunft werden wir öfter sehen, dass natürliche Umgebungen nachgeahmt werden, in denen Meeresfrüchte wunderbar wachsen. Aus diesen Gewässern wird dann nachhaltig gefischt—das ist im Endeffekt nicht viel anders als beispielsweise bei Hühnern am Land. Freilandhaltung von wilden Meeresfrüchten für kleinere Fische, wenn man so will. Es wäre toll, wenn wir mehr davon sehen würden. Diese Art der Zucht ist wild, aber trotzdem kontrolliert.

Ich glaube, wenn die Leute weiterhin wilden Fisch so fischen, wie sie es heute tun, wird das unweigerlich zu einer Sache führen: Dass wir aufgeschmissen sind.

Wie sieht deiner Meinung nach die Zukunft der Meeresfrüchte aus? Glaubst du, die Ozeane können noch gerettet werden? Die Öffentlichkeit muss verstehen, dass wir für die Entscheidungen, die wir treffen, wenn wir Meeresfrüchte essen, Verantwortung übernehmen müssen, genauso wie wir dafür verantwortlich sind, wie wir unser Wasser verwenden oder für die Autos, die wir fahren.

Vielen Dank fürs Gespräch.