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Baggerschiffe zerstören Meeresboden und Wirtschaft einer idyllischen Kleinstadt

Whitby ist eine beliebte Touristendestination und das Sportfischmekka Englands, dessen Zukunft durch riesige Baggerschiffe bedroht ist.
Photo via Flickr Dommylive

Die englische Hafenstadt Whitby ist ein bedeutender historischer Küstenort. Cap'n James Cook höchstpersönlich hat hier sein Handwerk gelernt, bevor er Australien entdeckt hat, von einer Meute Hawaiianer gefangen und verkocht wurde. Außerdem spielt Bram Stokers Dracula an der Küste, weshalb sich zweimal jährlich Goths und andere dunkle Gestalten dort treffen.

Aber Zähne sind nicht alles, was im an sich sehr schönen Whitby beißt: Sportfischer, kommerzielle Fischer und Baggerschiffe auf Jakobsmuschelnjagd liefern sich auf der Nordsee heftige Revierkämpfe.

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Anfang des 19. Jahrhunderts verzeichnete Whitbys Fischindustrie einen steten Rückgang. Die ehemals wichtige Nähe zu Skandinavien, die für verschiedenste Handelsmöglichkeiten sorgte, wurde bald zum Fluch, als sich ausländische Fischer mehr und mehr in den Gewässern Whitbys ausbreiteten. Als Folge orientierten sich viele Fischer um und konzentrierten sich auf den boomenden Tourismus der idyllischen Kleinstadt.

Paul Kilpatrick, Vorsitzender der Whitby Charter Skippers' Association (WCSA) und Gründer des Whitby Sea Angling Festival, fing vor 30 Jahren im Sportfischgeschäft an. „Lizenziertes [nicht-kommerzielles] Fischen sorgt in der Stadt für hohe Einnahmen", sagte er zu mir. „Kommerzielles Fischen ist dabei ein bisschen auf der Strecke geblieben." Es liegt aber an der schrumpfenden kommerziellen Fischindustrie, die vom Tourismus anhängig ist, weiterhin für Umsätze zu sorgen.

Trotz des Erfolgs des Festivals und Whitbys aufstrebendem Status als das Meeresangelmekka von Großbritannien befürchtet Kilpatrick, dass sich alles in ein paar Jahren ändern wird, vor allem aufgrund der riesigen Baggerschiffe, die nach Meeresfrüchten suchen. „Den Schaden, den sie der Meeresflora und -fauna anrichten ist enorm, aber keiner schert sich drum", sagt er.

„Die Muschelbagger schaufeln den ganzen Boden auf und zerstören dabei den natürlichen Lebensraum. Kabeljaue, zum Beispiel, leben auf einem unebenen Boden und dieser wird zerstört. Letzten Sommer gab es keine Kabeljaue! Ihnen ist die Umwelt und Tierschutz völlig egal. Hauptsache, man macht Geld."

Laut Gesetz dürfen Muschelbagger bis zu 5 km vor der Küste vorrücken, aber Kilpatrick glaubt, dass sie sich in der Nacht näher an die Küste „heranschleichen". Außerdem zerstören die Baggerer Krabben- und Hummerkörbe.

„Bis vor zwei Jahren gab es enorme Verbesserungen im Hinblick auf den Kabeljaubestand, aber dann tauchten plötzlich diese Muschelbagger auf und alle Fische sind verschwunden, weil sie hier keinen geeigneten Lebensraum mehr haben. Der Schaden, den sie anrichten, ist einfach unglaublich. Sie sollten mindestens 15 km von der Küste entfernt bleiben und es sollte verboten werden, dass sie über sensible Riffe baggern, die geschützt werden müssen."

Die Statistiken der Marine Management Organisation über „Landungen in britischen Häfen durch britische Schiffe zwischen 2009-2013″ zeigen, dass Whitbys Bodenfische von 1,2 auf 0,3 Tonnen schrumpften. Und das in nur vier Jahren.

Für Ausstehende ist Whitby eine der idyllischsten Kleinstädte Großbritanniens. Von innen aber wird schnell klar, dass zwei Branchen sich gegenseitig wie Dracula das Blut aussagen. Und genau wie der berühmte Vampir scheinen sie nicht zu bremsen zu sein.